Zensur in Weißrussland: Lukaschenko sperrt Regen aus
Das autoritäre Regime in Weißrussland verweist kritische JournalistInnen des Landes oder verweigert ihnen das Visum. Der Grund dafür: ihre Arbeitsweisen.
Weißrusslands autoritärer Staatspräsident Alexander Lukaschenko macht seinem von der Nichtregierungsorganisation "Reporter ohne Grenzen" verliehenen Titel "Feind der Pressefreiheit" mal wieder alle Ehre. Neuestes Ziel der staatlichen Hatz auf kritische Berichterstatter sind jetzt auch Vertreter russischer Medien.
In der vergangenen Woche wurde der russische Reporter Rodion Marinischew, der für den Fernsehsender Doschd (Regen) arbeitet, kurzzeitig festgenommen, aus Weißrussland ausgewiesen und mit einem fünfjährigen Einreiseverbot belegt. Zudem konfiszierte die Polizei noch Marinischews gesamtes Material. Sein Vergehen: Er hatte die regimekritische weißrussische Journalistin und Mitarbeiterin der russischen Zeitung Nowaja Gazeta, Irina Chalip, interviewt.
Chalip war am 16. Mai 2011 in Minsk wegen der Teilnahme an den Protesten gegen die gefälschten Präsidentenwahlen im vergangenen Dezember und der Vorbereitung von Aktivitäten zur Störung der öffentlichen Ordnung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. "Die Ausweisung von Marinischew ist eine Schande. Wann war es jemals ein Verbrechen, wenn ein Reporter einen anderen befragt", sagte der Vizedirektor des US-Organisation Committee to Protect Journalists, Robert Mahoney.
Eine verschärfte Gangart gegenüber ausländischen Journalisten hatte Lukaschenko, der vor allem wegen der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten innenpolitisch massiv unter Druck steht, kurz vor der Ausweisung Marinischews angekündigt. Angesichts der Krise schürten die russischen Medien Hysterie und würden die Weißrussen als "Wilde" beschreiben, die nichts in den Geschäften vorfänden. "Unsere Regierung muss alles tun, um sicherzustellen, dass diese Medien auf unserem Territorium nicht länger präsent sind", sagte Lukaschenko.
Kein Visum, keine Berichte?
Eine andere Möglichkeit, kritische Berichterstattung zu verhindern, ist, ein Visum zu verweigern. So stellte die Verfasserin dieses Beitrages im März einen Antrag auf Erteilung eines Journalistenvisums. Dieses wurde abgelehnt, und nicht nur das: zusätzlich wurde der Pass noch mit einem entsprechenden Stempel versehen.
Doch nicht nur ausländische, sondern auch einheimische kritische Medien sind vermehrt Repressionen ausgesetzt - weshalb die US-Nichtregierungsorganisation Freedom House in ihrem jüngsten Index Weißrussland als eins von zehn Ländern, die am repressivsten mit der Pressefreiheit umgehen, auflistet. Derzeit laufen Verfahren gegen die oppositionellen Zeitungen Nascha Niwa und Narodnaja Wolja. Beide Blätter wurden dreimal wegen "falscher Berichterstattung über aktuelle Ereignisse" verwarnt. Normalerweise reicht das, um die Publikationen in einem nächsten Schritt zu verbieten.
Man werde auch die kleinste Chance ergreifen, um die Zeitung zu retten, sagte die Vizechefin von Narodnaja Wolja, Marina Koktysch. Aber vor Lukaschenko auf die Knie fallen würden sie und ihre Mitarbeiter nicht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!