Zensur in Kuba: Bloggerin Sánchez festgenommen
Vor Beginn des Prozesses um den Tod des Dissidenten Payá geht Kuba gegen Oppositionelle vor. Auch gegen die bekannte Bloggerin Yoani Sánchez.
BERLIN taz | Der kubanische Journalist García Ginarte war der Erste, der über die Festnahme von Yoani Sánchez im Lokalradio von Bayamo berichtete. Kubas international bekannte Bloggerin, die jahrelang auch Kolumnen für die sonntaz schrieb und unter anderem für die spanische Zeitung El País berichtet, ist am Donnerstagabend gemeinsam mit ihrem Mann Reinaldo Escobar, einem unabhängigen Journalisten, festgenommen worden.
Das Paar wollte dem Prozess gegen Ángel Carromero beiwohnen, den spanischen Jungpolitiker, der Ende Juli den Unfallwagen lenkte, in dem unter anderen der bekannte Dissident Oswaldo Payá ums Leben kam. Carromero wird Fahrlässigkeit unterstellt, und darauf steht in Kuba eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren. Sieben Jahre hat die Staatsanwaltschaft im Vorfeld des Prozesses gefordert, der am Freitag in Bayamo beginnen sollte und zu dem zahlreiche Dissidenten aus allen Landesteilen reisen wollten.
Darunter auch die Witwe Payás, Ofelia Acevedo, und seine Tochter Rosa María Payá. Die beiden haben in zahlreichen Interviews die offizielle Darstellung der Unfallursache, überhöhte Geschwindigkeit, als unwahr bezeichnet und behauptet, dass ein zweites Fahrzeug in den Unfall verwickelt gewesen sei. Das habe den Wagen, in dem Oswaldo Payá saß, gerammt und von der Fahrbahn befördert. Beweise für diese Version des Unfallhergangs gibt es laut den kubanischen Behörden nicht.
Die Behörden haben Sánchez und Escobar festgenommen, um eine „Medienshow“ vor Gericht zu unterbinden, berichtet der Radiojournalist García Ginarte. Diese Einschätzung deckt sich mit jener des offiziellen Bloggers Yohandri, der dem kubanischen Staatsschutz zugerechnet wird. Der behauptet auf seiner Seite, dass Yoani Sánchez und ihr Mann Anweisungen aus der US-amerikanischen Interessenvertretung erhalten hätten, „um dem Prozess zu schaden“. Vorwürfe, die immer wieder von offizieller Seite gegen die bekannte Bloggerin ins Feld geführt werden. Der Blogeintrag von Yohandri ist mit „Made in USA“ und einer Montage von Sánchez mit US-Flagge übertitelt.
„Illegale Berichterstalltung“
Sánchez hat erst vor wenigen Wochen gegen das kubanische Innenministerium geklagt, weil ihr immer wieder die Ausreise verweigert worden war, und auch die regelmäßige Berichterstattung für die spanische El País ist laut den kubanischen Behörden „illegal“.
Gründe, weshalb die Reise von Sánchez und ihrem Mann nach Bayamo von Beginn an beobachtet wurde. Per Handy hatte Yoani Sánchez noch am Donnerstagabend von unterwegs getwittert: „Schon wieder werden wir angehalten, und unser Auto wird besprüht. Ich frage den Polizisten, ob das wegen des Denguefiebers ist. Er schweigt.“
Auch andere Oppositionelle wurden beobachtet und festgenommen, darunter der Blogger Agustín Díaz, der kritische Rapper Ángel Yunier Remón „El crítico“ und eine weitere Aktivistin namens Yoandri Gutiérrez.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren