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Zeitnot beim Gleichberechtigungsgesetz

■ In Niedersachsen scheint Frauenquote vor Landtagswahl nicht mehr durchsetzbar

Hannover (taz) – „Ich kann den Regierungsfraktionen nur gratulieren, einen so guten Gesetzentwurf vorgelegt zu haben“, lobte im niedersächsischen Landtag die Landesfrauenministerin Waltraud Schoppe die Abgeordneten von SPD und Grünen. Den Entwurf allerdings, um den es in der vergangenen Woche im Hannoverschen Leineschloß ging, hätte die Frauenministerin eigentlich lieber selbst eingebracht. Das „Landesgleichberechtigungsgesetz“ stand in der Novembersitzung, der viertletzten vor den Niedersachsenwahlen, erstmals auf der Tagesordnung des Landtags, und es ist höchst unsicher, ob dieses zentrale rot-grüne Reformgesetz noch vor den Wahlen verabschiedet werden kann. Noch im Sommer, als das Landeskabinett einen Entwurf des Gleichberechtigungsgesetzes aus dem Büro Schoppe zur Anhörung freigab, konnte sich Waltraud Schoppe zu den wenigen Mitgliedern der rot-grünen Regierung zählen, die alle einst vereinbarten Reformvorhaben in die Tat umgesetzt hatten. Ziel des ursprünglichen Gesetzentwurfes war es, die „Unterrepräsentanz“ von Frauen im öffentlichen Dienst zu beseitigen. Als unterrepräsentiert galt, wenn eine Dienststelle des Landes nicht mindestens 50 Prozent Frauen beschäftigte; und dieser Frauenanteil sollte auf allen Hierarchiestufen, jeweils in allen Lohn- oder Besoldungsgruppen erreicht werden. Um dieser Quote möglichst schnell nahe zu kommen, wollte das Frauenministerium für eine Übergangszeit von drei Jahren sogar eine 70-Prozent-Quote einführen. Sieben von zehn Stellen sollten drei Jahre lang mit Frauen besetzt werden, und dies nicht nur im eigentlichen Landesdienst, sondern auch bei den Körperschaften des Öffentlichen Rechts, zu denen etwa die Sparkassen und einige Versicherungen zählen.

Im Landeskabinett allerdings stieß dieser Gesetzentwurf auf Widerstand. Der Finanzminister listete in einem 70-seitigen Papier die durch das Gesetz entstehenden Mehrkosten auf. Der niedersächsische Innenminister Gerhard Glogowski verkündete bald, daß das Gleichberechtigungsgesetz in der laufenden Legislaturperiode überhaupt nicht mehr verabschiedet werde. Schließlich unterlief dem Frauenministerium selbst noch ein kleiner Fehler bei der gesetzlich vorgeschriebenen Anhörung des Entwurfes. Man vergaß den Richterbund einzuladen und mußte ihm nachträglich eine Anhörungsfrist einräumen.

So hatte denn der Entwurf des Frauenministeriums die Anhörung noch nicht durchlaufen, als die CDU einen eigenen Entwurf eines Gleichberechtigungsgesetzes auf die Tagesordnung setzte. In der Zeitnot hielt Rot-Grün nun mit einem Entwurf ihrer Landtagsfraktionen dagegen – solche Fraktionsentwürfe können ohne Anhörung das Parlament passieren. Die dreijährige Übergangsregelung, die 70-Prozent-Quote, ist in diesem Entwurf nicht mehr enthalten. Statt dessen werden nun alle Personalstellen des Landes und der öffentlich-rechtlichen Körperschaften verpflichtet, Stufenpläne zur Einstellung von Frauen aufzulegen und diese alle zwei Jahre fortzuschreiben. Die 70-Prozent-Quote sei innerhalb der Verwaltung nicht durchsetzbar gewesen, heißt es lapidar.

Nun stehen Überstunden für die Ausschüsse des Landtages an. Die grüne Landtagsabgeordnete Andrea Hoops kündigte in der ersten Lesung bereits Ausschußsondersitzungen an. Vor allem im Rechts-, Verfassungs- und Innenauschuß stauen sich die Gesetzvorhaben, die Rot-Grün noch abzuarbeiten hat. Für die Sprecherin des niedersächsischen Frauenministeriums „wäre es einfach blamabel, wenn es mit dem Gleichberechtigungsgesetz nicht mehr klappt“. Jürgen Voges

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