: Zeitloses Motto
■ Die Friedensbewegung sucht ihre Mobilisierungschance
Ab und an, unter dem brennenden Gefühl, daß diese Regierung der feigen Hardliner und nervösen Schwadroneure die historische Chance für die Abrüstung verspielt, erinnert man sich doch der Friedensbewegung. Nun haben wir inzwischen gelernt, daß die Friedensbewegung von historischen Stunden nicht soviel hält, lieber selber welche setzt, nach Maßgabe ihrer Mobilisierungsroutine. Der Eindruck herrscht vor, daß sie ihre Massenhaftigkeit erst dann so richtig inszenieren kann, wenn es wieder zu spät ist. Aber diese Mischung aus Spontaneität der Einzelnen und Unbeweglichkeit der Bewegung muß doch nicht bleiben. Irgendwie erwartet man, daß die Friedensbewegung oder die Friedensbewegten jetzt auf die Gunst des Augenblicks reagieren, nicht locker lassen, sich an den Waden der konfusen amoklaufenden CDU–Politiker festbeißen. Die Bundesregierung, die inzwischen so isoliert ist, daß sie noch ironischen Beifall von Moskau bekommt, sollte sich doch unter Druck setzen lassen! Nun hat der „Koordinationsausschuß“ getagt, gekreißt. Und was hat er hervorgebracht? Eine „Großdemonstration“ am 13. Juni in Bonn, wenn Reagan kommt. Aber wer glaubt denn noch an Großdemonstrationen, an politischen Druck durch die Zusammenballung der Friedfertigen, die sich durch die Bonner Kleinstadtstraßen schieben? Inzwischen ist die Situation so, daß die Friedensbewegung für Reagan und gegen Kohl demonstrieren müßte. Ziemlich kompliziert für eine so starke Bewegung. Da nimmt man lieber ein Motto, das immer richtig ist: „Atomraketen verschrotten - den ersten Schritt tun.“ Zeitlosigkeit kann ja nicht schaden, wenns dringlich wird und die Alternativen konkret werden. Klaus Hartung
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