: Zeit ist Geld
■ Erst explodieren die Kosten, dann die WAA
K O M M E N T A R E Zeit ist Geld
Erst explodieren die Kosten, dann die WAA
Die Gefährlichkeit der bundesdeutschen Atomwirtschaft wird von Zeit zu Zeit von der Dreistigkeit ihrer führenden Vertreter noch übertroffen. Als handele es sich um einen zufällig entdeckten Fehlbetrag in der Portokasse, legen die WAA-Betreiber bei ihren Kostenschätzungen ein paar Milliarden Mark nach. Genauer: Sie verdoppeln ihre Kostenschätzungen von vor zwei Jahren von gut 5 auf rund 10 Milliarden. Wundern tut das kaum noch jemand, am wenigsten die Betreiber selbst. Die Kosten für den Schnellen Brüter (jetzt 7 Milliarden) explodierten um den Faktor 20, die des Hochtemperaturreaktors in Hamm (jetzt 4 Milliarden) um den Faktor zehn.
Ein Muster wiederholt sich. Die voraussichtlichen Kosten werden stets solange heruntermanipuliert, bis der dunkle Schatten einer milliardenschweren Investitionsruine drohend über jedem hängt, der es wagt, über einen Ausstieg aus dem Projekt nachzudenken. 1,6 Milliarden habe man in Wackersdorf bereits investiert, sagt die DWK. In Klammern darf man wohl hinzufügen: der „Point of no Return“ ist überschritten, was uns die Freiheit gibt, die (vorerst) realistischen Kostenschätzungen aus der Schublade zu holen.
In Bayern freilich bestand nie die Gefahr, daß sich ein nachdenklicher Geist im Beziehungs-Dickicht zwischen Betreibergesellschaft, Genehmigungsbehörde und Staatsregierung einnistet. Dennoch legt man in München in Sachen Genehmigungsverfahren eine Hast an den Tag, als lauere der Tod des Projekts hinter jedem der 800.000 Einsprüche gegen die WAA. Gefahr für das Milliardenprojekt droht tatsächlich von außen: Die Schwesterpartei in Bonn müht sich redlich aber zunehmend vergeblich, kritische Fragen zur Atomenergie aus den eigenen Reihen unter der Decke zu halten. Wenn am Ende auch die vielbeschworene „Wirtschaftlichkeit der Atomenergie“ wegfällt, wird die Zeit für die bayerischen WAA-Betreiber knapp. Zeit ist Geld, sagt die DWK. Stimmt.Gerd Rosenkranz
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