Zehn Minister treten zurück: Der ANC stürzt Südafrika in Krise
Zehn Minister und drei Vizeminister verlassen mit Präsident Mbeki Südafrikas Kabinett, darunter Finanzminister Manuel. Dem ANC droht nun eine lang anhaltende Zerreißprobe.
JOHANNESBURG taz Südafrikas innenpolitische Krise weitet sich nach dem Rücktritt von Präsident Thabo Mbekis aus: Gestern haben elf Kabinettminister und drei Stellvertreter ebenfalls ihr Ausscheiden aus dem Amt bekannt gegeben und ihr Gesuch Präsident Thabo Mbeki mitgeteilt, der noch bis Donnerstag amtiert. Nachdem Vizepräsidentin Phumzile Mlambo-Ngcuka bereits ihren Rücktritt angekündigt hatte, wurde am Dienstagauch der Rückzug des international geschätzten Finanzministers Trevor Manuel bestätigt. Diese massive "Rücktrittswelle" hat negative Konsequenzen für Südafrika, denn die neue Regierung wird wichtige Posten im Kabinett umbesetzen müssen.
Mit Präsident Mbeki ziehen sich ab Donnerstag auch seine rechte Hand, Essop Pahad, Minister im Präsidialamt, und dessen Bruder, der stellvertretende Außenminister Aziz Pahad, zurück. Verteidigungsminister Mosiuoa Lekota sowie Ronnie Kasrils vom Sicherheitsministerium gehen ebenfalls; auch Geraldine Fraser-Moleketi, Ministerin für den öffentlichen Dienst, warf das Handtuch - insgesamt ist damit ein Drittel des Kabinetts verschwunden.
Präsident Mbeki war am Wochenende vom Führungskomitee des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) abberufen worden und hatte sich dem gefügt. Allgemein waren einige Ministerrücktritte in diesem Zusammenhang erwartet worden, doch die Dimension hat überrascht. Zumal Mbeki erklärte, er habe seine Minister im Interesse der Nation aufgefordert, ihre Ämter zu behalten. Genau dies hatte auch der ANC von allen Minister gefordert. Insbesondere verband sich damit die Hoffnung, dass Finanzminister Manuel nicht abtreten würde. Nun räumt auch sein Stellvertreter Jabu Moleketi mit ihm das Büro. Damit vergrößern sich bereits bestehende Unsicherheiten in Südafrika selbst wie auch bei ausländischen Investoren. Die Märkte reagierten prompt mit einem schwächeren Rand, der südafrikanischen Währung, an der Johannesburger Börse. Niemand wolle in solchem Klima investieren, zumal die Aussicht über die weitere Wirtschafts- und Finanzpolitik des ANC unklar sei. Der Rand erholte sich aber wieder leicht, nachdem Finanzminister Manuel erklärte, er sei bereit, unter einem neuen Präsidenten in der Regierung zu bleiben. Auch Zentralbankchef Tito Mboweni bleibt im Amt und wahrt Kontinuität.
ANC-Präsident Jacob Zuma hatte zwar am Montag erneut bekräftigt, die neue Regierung werde die Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht ändern und jede Sorge über eine drohende Instabilität des Landes sei unbegründet. In einer Erklärung hieß es gestern, dass alle Minister ihre Bereitschaft erklärt hätten, der neuen Regierung bis zur Parlamentswahl im April zur Verfügung zu stehen.
Dennoch sind die Rücktritt eine klare Absage an die Art und Weise der Machtübernahme des ANC unter Jacob Zumas Führung. Und zugleich eine deutliche Kritik an der Art und Weise, wie Präsident Thabo Mbeki von seiner eigenen Partei am Wochenende zum Rücktritt gezwungen worden war. Mbeki legte Berufung gegen das Gerichtsurteil vom 12. September ein, das Zuma von Korruptionsvorwürfen freigesprochen und zugleich eine politische Einflussnahme Mbekis angeprangert hatte.
Doch der ANC spürt jetzt mit der Kündigung von 14 Ministern die erste große Niederlage. Ihm droht sogar eine weitere Spaltung noch vor der am Donnerstag anstehenden Wahl von ANC-Vizepräsident Kalema Motlanthe zum Übergangspräsidenten des Landes bis zur Wahl 2009. "Dieser Massenaustritt bedeutet eine ernsthafte Herausforderung für den ANC", sagte Siphomandla Zondi vom Institut für globalen Dialog. Die Bevölkerung sei verunsichert angesichts des Chaos, das die vorzeitige Absetzung des Präsidenten hervorgerufen habe und mit dem auch die stärkste Wirtschaftskraft Afrikas in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Dem ANC drohe jetzt der Vorwurf, politische Machenschaften über das Interesse der Nation zu stellen und damit Instabilität für das Land zu riskieren.
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