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Zahlen aus dem Verkehrsministerium1,2 Millionen Diesel ohne Updates

Hersteller haben die Nachrüstfrist zum Jahresende 2018 teils ignoriert. Verkehrsminister Scheuer habe sich von der Autoindustrie vorführen lassen, meinen die Grünen.

Abgasuntersuchung bei einem Dieselfahrzeug Foto: dpa

Berlin afp | Die deutschen Autohersteller sind einem Medienbericht zufolge bei der Nachrüstung von Dieselfahrzeugen bundesweit in Verzug. Obwohl die Nachrüstfrist zum Jahresende 2018 ablief, wurden 1,2 Millionen Fahrzeuge bisher noch nicht mit einem Software-Update auf den neuesten Stand gebracht, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf eine Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage der Grünen.

„Von den 5,3 Millionen Diesel-Pkw, die von der Autoindustrie für Software-Updates gemeldet wurden, sind 4,1 Millionen Fahrzeuge umgerüstet“, schreibt das Verkehrsministerium demnach. Für Liefer- und Handwerkerfahrzeuge sei bisher noch kein einziges Hardware-Nachrüstsystem beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zur Genehmigung eingereicht worden. Für Pkw lägen bislang vier Anträge für Hardware-Lösungen vor, die als effektiver für die Schadstoffreduzierung gelten als Software-Updates.

Die Ursache für die Verzögerung der Nachrüstungen liege „allein darin, dass die Hersteller noch die notwendigen technischen Unterlagen“ zur Freigabe der Software-Updates an das KBA liefern müssten, so das Verkehrsministerium.

Bei den beanstandeten Fahrzeugtypen hatte das KBA unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt, die zu einem erhöhtem Stickoxid-Ausstoß im Betrieb führen. Konkret umgerüstet wurden laut Ministerium bisher rund 99 Prozent aller VW mit dem beanstandeten EA189-Motor.

Bei den Modellen Macan und Cayenne von Porsche erhielten demzufolge rund 75 Prozent Updates, bei Audi (A6, A7, A8, Q5 und SQ5) seien es nur 55 Prozent. Die Umrüstquote bei BMW (M550d, 750d) liege bei 78 Prozent, bei Daimler (GLC-, C- und V-Klasse und Vito) bei 73 Prozent. Bei Daimler seien laut Ministerium noch nicht alle Rückrufe freigegeben.

Weitere Fahrverbote?

Bei den freiwilligen Software-Updates habe sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) „von der Autoindustrie vorführen lassen“, kritisierte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Stephan Kühn. Bei etlichen Automodellen wurden auch verpflichtende Rückrufe angeordnet, „doch diese sind teilweise bis heute nicht gestartet“.

Mit Diskussionen um Messstellen und Stickoxid-Grenzwerte habe der Verkehrsminister vom Nichtstun seiner Behörden erfolgreich abgelenkt, sagte Kühn den Funke-Zeitungen. Solange Scheuer bei den Rückrufen nicht aufs Tempo drücke, „trägt er die Verantwortung für weitere Fahrverbote in unseren Städten“.

Problematisch ist die Situation vor allem für Lieferfahrzeuge. Viele Handwerker sind darauf angewiesen, mit ihren Fahrzeugen Kunden in den Innenstädten zu erreichen. Doch dort drohen oder bestehen zum Teil Fahrverbote.

Das Verkehrsministerium hatte Förderprogramme aufgelegt, um Hardware-Nachrüstungen für Lieferwagen und kommunale Fahrzeuge zu bezuschussen. Doch die Förderprogramme liefen ins Leere, „weil Scheuers Behörde bislang noch kein einziges Nachrüstungssystem genehmigt hat“, bemängelte der Grünen-Politiker. Mit Ankündigungen sei den von Fahrverboten betroffenen Handwerkern aber nicht geholfen.

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5 Kommentare

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  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Solange sich Minister B. Scheuert als Cheflobbyist der Autoindustrie versteht, ist das ja klar, zumal wenn man den Verbrechen nahelegt, freiwillig den geschädigten Konsumenten ein kleines Zuckerchen zu geben. Hauptsache der Aktienkurs brummt...

  • Wenn er sich wirklich vorführen lassen würde, hieße das, dass das Autoministerium eigentlich gegen die Verbrechen von VW und Co ist. De facto protegiert das Ministerium aber die Autolobby - der Vorwurf ist hanebüchen. Vielmehr sollte gefragt werden, wie groß ein Industriezweig sein muss, um ungestraft Gesetze zu brechen. Rechtsstaat schimpft sich das hier ja nach wie vor!

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Zwiegespräch zwischen 2 glücklosen Ministern:



    Scheuer: Ich habe extra für Dich den Dieselskandal im Einvernehmen mit der Kfz-Industrie kleingehalten und weiterlaufen lassen, daß Du viele NOx-Tote bekommst.



    Spahn: Das ist ja ok, weil ich viele Tote brauche, die ich der Medizinindustrie versprochen habe. Aber die NOx-Toten wollen die Ärzte nicht, weil die Organqualität nicht gut ist.



    Scheuer: Na gut, dann hol Dir doch die Toten, die die Merkel durch ihre Rüstungslieferungen im Jemen generiert.



    Spahn: Da dauert die Anlieferung zu lange.



    Scheuer: Dann nimm doch das Glyphosat-Toten-Angebot von der Klöckner.



    Spahn: Das geht auch nicht, weil die Lebern und Nieren nicht brauchbar sind.



    Scheuer: Also Freundchen, Dir wisch' ich noch eins aus, wenn man es Dir gar nicht recht machen kann. Ich verpasse den Fahrradfahrern Helme, dann bricht Dir diese Super-Einnahmequelle auch weg.



    (Von Storch soll ihren Vorschlag nochmal auf den Tisch gelegt haben: Frisch erschossene Flüchtlinge ... )



    Wirklich ohne jeden gesunden Menschenverstand, diese Typen.

    • @91672 (Profil gelöscht):

      Fakt am Rande: Den Zahlen der Helmapostel nach hat man mit Helm nur 326 % so viele Kopfverletzungen, wie ohne. Die Toten werden bei der Rechnung allesamt als Nicht-Helmträger gerechnet.

      Das heißt, wenn ein Helm auf dem Fahrrad nicht schadet, hat man mit Helm gut drei Mal so viele Unfälle.

  • Äh, der Kretschmann ist bei welcher Partei?