Zählaktion zu heimischen Wintervögeln: Alle Meisen melden
Der Naturschutzbund ruft alle Hobby-Ornitholog:innen zur alljährlichen Vogelzählung. Im Fokus: die Meise, wie der Mensch derzeit pandemiegebeutelt.
Im Hinterhof meines Wohnhauses steht ein einsamer Baum, auf welchem ich kürzlich ein Vogelnest entdeckt habe. Ein Lebenszeichen, inmitten der leblosen, grau-matschigen Betonwelt eines Berliner Winters. Doch dieser Anschein der Leblosigkeit trügt, wie die Aktion „Stunde der Wintervögel“ des Naturschutzbundes (Nabu) beweisen soll, die am heutigen Freitag und noch bis Sonntag bereits zum elften Mal durchgeführt wird.
Dabei werden deutschlandweit die im Winter zurückbleibenden Vögel erfasst. Ziel ist eine „detaillierte Momentaufnahme der Vogelwelt in unseren Städten und Dörfern“, so der Nabu, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie man die heimische Vogelwelt besser schützen kann.
Laut Nabu ist man als freiwillige Vogelzähler:in dann Teil von „Deutschlands größter wissenschaftlicher Mitmachaktion“, jeder kann teilnehmen, egal ob Laie oder Ornitholog:in. Und die Aktion ist beliebt: 2020 beobachteten 3.700 Berliner Vogelfreunde über 82.000 Vögel.
Zählhilfe für Stadtkinder
Von einem ruhigen Beobachtungsort wird dabei die jeweils höchste Anzahl notiert, die innerhalb einer Stunde von einer Vogelart gleichzeitig zu erspähen ist. Hierfür müssen die verschiedenen Vogelarten natürlich auch erkannt werden, was für so manches Stadtkind sicher gar nicht so einfach ist. Auf der Nabu-Webseite finden die deshalb eine Zählhilfe, praktischerweise auch mit Bildern. Auf der Webseite können auch die Ergebnisse der Zählungen eingereicht werden – bis zum 18. Januar.
In der Auswertung wird dieses Jahr der Blaumeise besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Denn der Mensch ist nicht das einzige Tier, das sich mit Krankheiten herumplagt: Tausende Meisen fielen vergangenes Frühjahr einer Epidemie zum Opfer, was sich auch in der letzten Zählung des Nabu bemerkbar machte. Da interessiert nun, ob der Effekt anhält.
Apropos Krankheiten: Die Naturschützer:innen erwarten dieses Jahr „eine außergewöhnliche Beteiligung an der Aktion“, sagt Vogelschutzexperte Lars Lachmann. Denn die verringerte Mobilität der Menschen führe dazu, „dass die Natur vor der Haustür für viele Menschen wichtiger wird“. Sorgen bereitet Lachmann, dass auch der Klimawandel beobachtbar ist. Beispiel Kraniche: Überwinterten vor zehn Jahren noch wenige Hundert Tiere in Deutschland, so seien es heute fast 10.000 Kraniche, sagt Lachmann.
Und wer sitzt da in dem Baum vor meinem Fenster? Ich werde es versuchen, am Wochenende herauszufinden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los