ZDF-Reisedokumentation: Alltag in und um China
Von Pakistan bis Nordkorea: Im ZDF-Zweiteiler "Chinas Grenzen" (Di., 22.45 Uhr/Do., 23 Uhr) zeigt Johannes Hano das Riesenreich als Vielvölkerstaat.
Die Sicherheitskräfte an der Grenze zwischen China und Nordkorea stellt man sich als eher ungemütliche Zeitgenossen vor. Doch der Mann, der auf der koreanischen Seite in das hüfthohe, eisige Wasser des schmalen Grenzflusses Yalu gestiegen ist, um aus dem nordkoreanischen Hyesan in die chinesische Stadt Chang Bei Xian zu gelangen, scheint daran keinen Gedanken zu verschwenden. Wie selbstverständlich holt er auf der anderen Seite einen schweren Plastiksack aus dem Gebüsch und macht sich wieder auf den Weg zurück. Kein Grenzer greift ein.
Die Staatsdiener beider Seiten schauen weg, weil die Grenzstädte von derartigen Schmuggelaktionen profitieren. "So gelangen Lebensmittel nach Nordkorea und Metalle in die andere Richtung", sagt Johannes Hano, der diese Bilder im ersten Teil seines Zweiteilers "Chinas Grenzen" zeigt. Auf die Impressionen aus Hyesan, der drittgrößten nordkoreanischen Stadt, ist der Leiter des ZDF-Studios in Peking besonders stolz, weil westliche Journalisten sonst selten einen Einblick in den nordkoreanischen Alltag bekommen. Der, lassen sich die ZDF-Leute von Chinesen erzählen, sei im Übrigen noch schlimmer, als man sich das im Westen vorstelle. Von hungernden Koreanern, die nachts auf chinesischer Seite stehlen und morden, ist die Rede.
Während die geheim gedrehten Schmuggelbilder erst nach der Ausstrahlung für Ärger sorgen dürften, drohte andernorts die Situation bereits während der Dreharbeiten zu eskalieren. Als Hano mit seinem Team auf pakistanischem Gebiet Grenzer interviewte, kamen von der anderen Seite chinesische Offizielle angerauscht und beendeten das Gespräch. Die Pakistani fügten sich der Weisung des großen Nachbarn, Hano hingegen wurde wütend, weil er nicht einsah, warum die Chinesen auf pakistanischem Terrain etwas zu melden haben sollten.
Der ZDF-Mann hat schon oft den Unmut der Offiziellen auf sich gezogen. Als "vom Kanzleramt gesteuert" haben sie ihn beschimpft. Verglichen mit chinesischen Journalisten seien Korrespondenten aber privilegiert, sagt Hano. "Uns können sie nur rausschmeißen, nicht verhaften." Die deutschen Wirtschaftsführer agierten leider weniger "gradlinig" als deutsche Journalisten, meint er. Man müsse in China "langfristig die richtigen Leute unterstützen". Deutschland dürfe für seine "wirtschaftliche Interessen" nicht "die "kritischen Intellektuellen opfern, die für die Pressefreiheit eintreten".
Mit "Chinas Grenzen" will Hano nicht die üblichen Diskussionen anheizen, sondern dem Bild, das wir uns von dem Riesenstaat machen, "andere Dimensionen hinzufügen". Der Filmemacher richtet den Blick darauf, dass China ein "Vielvölkerreich" ist, in dem in vielen Regionen nicht einmal Chinesisch gesprochen wird.
Aber auch die Reiseberichte aus "dramatisch schönen Landschaften" (Hano) - unter anderem gibt es die weltweit höchste Düne zu sehen, die sich in der Inneren Mongolei befindet - haben eine politische Ebene.
Am Rande kommt das Thema Separatismus zur Sprache, etwa am Beispiel der uigurischen Provinz Xinjiang. Der Filmtitel ist doppeldeutig: Es geht nicht nur um das Leben an den geografischen Grenzen Chinas, sondern zumindest unterschwellig auch um die Frage, inwieweit die Regierung bei dem Versuch, das Riesenreich im Griff zu behalten, mittelfristig an ihre Grenzen stößt.
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