ZDF-Reihe "Weltreich der Deutschen": Spurensuche in Afrika

TV-Historiker Guido Knopp klärt über "Das Weltreich der Deutschen" auf, ihren "Platz an der Sonne" - und trauert um geplatzte Kolonialträume (20.15 Uhr, ZDF).

Bemühen um historische Sachlichkeit: deutsche Soldaten und Askarisoldaten auf dem Rückzug. Bild: ZDF/Jörg Rudolph

Die Deutschen waren brutal, aber fortschrittlich. So sagts in "Das Weltreich der Deutschen" ein Historiker, und es gilt auch für das aktuellste Unterfangen aus der ZDF-Geschichtsmaschine unter Leitung des unvermeidlichen Guido Knopp: Die Landschaftsaufnahmen sind so malerisch, dass sie "Serengeti darf nicht sterben" das Wasser in die Augen getrieben hätten. Die mit einigem Aufwand nachgestellten Szenen erreichen mühelos "Afrika im Herzen"-Niveau. (Zur Erinnerung: Das war eine schön gefilmte Degeto-Schmonzette.)

Selbst für das Problem, dass die Zeitzeugen der zumeist zwischen 1880 und 1918 stattgefundenen Ereignisse mittlerweile arg verblichen sind, hat man bei dieser dreiteilige Doku eine kongeniale Lösung parat: Wir begegnen halt ihren Nachkommen. In einem Land, in dem der Status als HeimatvertriebeneR seit 1945 vererbbar ist, kann das für die Eigenschaft als ZeitzeugIn schließlich nur billig sein. Und für den tatsächlichen Fortschritt sorgen derweil ordentliche Kamerafahrten über ein volldigitales Berlin der vorletzten Jahrhundertwende, qualmende Fabrikschlote und üppig grünender Tiergarten inklusive.

Dabei bemüht sich die Doku schon um historische Sachlichkeit - oder vielleicht besser: Brauchbarkeit. Die Fakten sind korrekt, die ExpertInnen im Stoff. Doch man bleibt - schließlich reden wir über einen Primetime-Sendeplatz, wo man mit Sat.1-Movies, ARD-Langzeitserien und anderer Dutzendware konkurriert - zur Sicherheit brav an der Oberfläche. Zum Hintergrund nur so viel: Bismarck wollte zuerst keine Kolonien, dann das Deutsche Reich irgendwie doch seinen "Platz an der Sonne", und dann sind wir schon bei den mehr oder weniger appetitlichen ProtagonistInnen der deutschen Kolonialgeschichte: Bei Carl Peters in Deutsch-Ostafrika, der zum Glück schon bald als "Hänge-Peters" in Ungnade fiel, beim "Vernichtungsbefehl" des Oberleutnants von Trotha gegen die Hereros in Deutsch-Südwest, und zur Entspannung im dritten Teil dann beim selbsternannten Kokosnussapostel August Engelhardt in der Südsee.

Wo ein bisschen mehr Tiefe erkenntnisfördernd gewesen wäre, entscheiden sich die Doku-Macher lieber für noch ein bisschen mehr Reenactment. Dann mühen sich süße dunkelhäutige Kinder an deutschem Liedgut ("Das Wandern ist des Müllers Lust"), deutsche Kolonialbeamte gaffen schmachtend barbusigen Südseeschönheiten nach, und zwischendurch wird gekämpft. Da bleiben die fiesen Einzelheiten - wie die vor allem in Afrika praktizierte Taktik, die EinwohnerInnen durch perfide Kreditvergabe und Steuerforderungen allmählich um ihren Besitz zu bringen - den Historikern überlassen. Dafür knarzt der Off-Kommentar in einem Generalbass, der bei aller gebotenen Distanz doch immer auch ein bisschen Bedauern mitschwingen lässt, dass der ganze Spaß unter kaiserlicher Flagge ja nur rund 30 Jahre dauern durfte. Als dessen Kronzeugen treten dann heutige Einwohner auf, die sich in mildem Lichte an die Deutschen von damals erinnern.

Ganz dick wirds, wenn die Wochenschau von vor 45 Jahren bemüht wird: Da treffen sich dann Askari-Veteranen, also ehemalige einheimische Soldaten, um Kommandeuren wie Lettow-Vorbeck zu gedenken. Denn der hatte schließlich noch im Ersten Weltkrieg gekämpft, als in Berlin schon der Waffenstillstand ausgerufen war: "Für die Deutschen ist er der unbesiegte Löwe von Afrika", raunt es im Off. Und man ist sich nicht so ganz sicher, ob damit nur der emotionale Zustand anno 1919 gemeint ist. Wobei: Verklären tut diese Doku nichts. Verkitschen schon.

Und die Moral von der Geschicht? "Nur für wenige Deutsche ist der Traum in Erfüllung gegangen", schließt die Doku: "Der Traum der Deutschen von einem Weltreich hat sich nie erfüllt." Besser war es.

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