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Wulffs WeihnachtsanspracheKein Wort zur Kreditaffäre

In seiner traditionellen Weihnachstansprache wird Bundespräsident Wulff Rassismus und Weltoffenheit thematisieren. Zu seiner Kreditaffäre schweigt er - zum Ärger der Opposition.

Bild aus unkomplizierteren Zeiten: Christian Wulff bei der Weihnachtsansprache 2010 – als er sich noch nicht für eine Kreditaffäre rechtfertigen musste. Bild: dpa

BERLIN dapd/dpa/taz | Bundespräsident Christian Wulff wird in seiner Weihnachtsansprache kein einziges Wort zur Kreditaffäre sagen. In der Ansprache wird er vielmehr auf die Themen Zusammenhalt und Gemeinsamkeit in der Gesellschaft sowie auf Europa eingehen, hieß es von Gästen der Ansprache. Auch spricht sich Wulff gegen Rassismus aus und plädiert für Weltoffenheit.

Die Weihnachtsansprache wurde am Mittwoch aufgezeichnet und wird am ersten Weihnachtsfeiertag ausgestrahlt. Wie erstmals 2010, waren auch in diesem Jahr Gäste bei der Ansprache dabei: Frauen und Männer mit ihren Kindern, die das Ehepaar Christian und Bettina Wulff im zurückliegenden Jahr kennengelernt hatte, zum Beispiel bei Einbürgerungsfeiern und beim deutsch-israelischen Jugendaustausch.

Indessen wird die Forderung immer lauter, der Bundespräsident solle alle Umstände seines 500.000-Euro-Kredits offenlegen. Während Wulffs Anwalt den Vorwurf zurückwies, das Staatsoberhaupt informiere nur scheibchenweise, halten Grüne und SPD ihm genau das vor.

"Wir agieren transparent"

"Ich gehe davon aus, dass der Bundespräsident alle offenen Fragen persönlich beantwortet", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der Passauer Neuen Presse. "Dass nicht er, sondern seine Anwälte kommunizieren, halte ich für unglücklich", erklärte der SPD-Chef. "Niemand kann sich wünschen, dass innerhalb von zwei Jahren der zweite Bundespräsident zurücktritt. Damit würde das Vertrauen in die demokratischen Institutionen schwer beschädigt. Umso wichtiger ist jetzt Aufklärung."

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte, Wulff habe in der Vergangenheit die politische Konkurrenz nie mit Samthandschuhen angefasst. "Deshalb hat er in moralischen Fragen die Latte selbst sehr hoch gelegt. Und daran wird er gemessen", sagte Özdemir der taz.

Wulffs Rechtsanwalt Gernot Lehr erklärte, die "Unterstellung, wir würden scheibchenweise informieren", sei Unfug. "Wir agieren transparent und legen Sachverhalte sofort komplett offen", erklärte er der taz.

Wulff hatte 2008 für den Kauf seines Hauses in Großburgwedel bei Hannover einen Privatkredit aufgenommen und Anfang 2010 im Landtag erklärt, er unterhalte keine geschäftlichen Beziehungen zu Egon Geerkens. Später sagte er, der Kredit sei von Geerkens' Frau gewährt worden. Geerkens hatte bereits dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel gesagt, "ich habe mit Wulff verhandelt" und "ich habe mir überlegt, wie das Geschäft abgewickelt werden könnte".

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16 Kommentare

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  • R
    RLS

    Lieber @Martin Z 22.12.2011 14:35Uhr

     

    Es ist traurig dass es in Deutschland zu viele Menschen gibt,

    die den gleichen Blödsinn wie sie Schreiben oder Reden.

     

    Vermutlich wird es immer schwerer Menschen mit einer gewissen Moralvorstellung für diese Ämter zu bekommen.

     

    Wenn wir aber aufhören, Straftaten zu verfolgen,

    und Menschen mit Charakter in wichtige Ämter zu wählen,

    bekommen wir Zustände wie in China !!!

     

    Wer in der Demokratie einschläft,

    kann in der Diktatur aufwachen.

  • H
    Hasso

    Wen beeindruckt schon ein "falscher Apostel" bei der Weihnachtansprache!- Dummes Gerede, Palaver, Etiketten -Schwindel. Da höre ich lieber meinen ehrlichen Hund bellen. Was werden eigentlich die Bedürftigen fühlen,denen man das Geld für den Weihnachsbaum gestrichen hat-, wenn wieder "einer aus dem Wolkenkuckucksheim"eine blasphemische Rede hält!?

  • G
    Guenter

    Herr Wulff spielte gegen andere Politiker mehrmals den Moralapostel.

    Das Schlimme an der Sache ist, das er sich selbst nicht an die Spielregeln hält.

     

    Wenn er sein Amt verläßt bekommt er lebenslang

    200.000 Euro pro Jahr, einschließlich Büro und Dienstwagen. Darauf verzichtet er mit Sicherheit nicht.

     

    Ehre scheint für Herrn Wulff ein Fremdwort zu sein

  • H
    Hans

    Ich finde die Position seiner Hände auf dem Überschriftenbild auffällig und geneigte Verschwörungstheoretiker könnten nun hellhörig werden...

     

    Wer faltet seine Hände immer so wie er es auf dem Bild tut?

    Kann es sein das Christian Wulff von IHR einer Gehirnwäsche unterzogen wurde, oder ist es gar SIE, die sich in ein Wulff-Kostüm gezwängt hat?

    Ist SIE am Ende eine von den Körperfressern, die, wie man auch an Ihrer Politik sieht, nur die Menschheit erobern/auslöschen möchte?

     

    Wer ist Christian Wulff, wer ist Angela Merkel, sind die Körperfresser unter uns, und erkennt man sie an den nach unten gefalteten Händen???

  • MZ
    Martin Z.

    Bis jetzt wurde doch nur heiße Luft gequirlt.

    Eine Weihnachtsansprache an alle Deutschen oder in Deutschland lebenden Menschen hat wohl eher wenig mit einem privaten Kredit zu tun.

    Die Aufregung der Medien ist bis jetzt unverständlich.

    Die Kritiker wie Kardinal Meissner (ausgerechnet der!), Özdemir etc. sitzen selber im Glashaus.

    Abwarten. Bis jetzt ist nichts gravierendes passiert.

    Wenn man glaubt einen völlig unbefleckten Bundespräsidenten haben zu wollen, der Jesus, Dalai Lama, Weisheit, Güte, Toleranz etc. und noch mehr in sich vereinigt müßte man auf einem anderen Planeten suchen.

  • AC
    anspra che

    Wenn die Konjunkturkrise nächstes Jahr kommt, sollte man alle Leute die Wulff einladen, offen ächten weil ihm die wachsende Armut und systematische chinesische Gewerbe-Übernahmen in der Ansprache wohl egal waren.

     

    @Valechi: Die Piraten wollen auch nur gewählt werden statt heute schon aktiv die Firmen vor die her zu treiben und die Ehre der gewählten Poltiker durch soziale Motivation zu erhöhen.

    Blogs und Kommentare liest kaum jemand. Das Rauschen ist zu hoch, kuratieren ist dank Link-Steuer und Leistungs-Schutz unbezahlbar. Neunetz schrieb gestern, das die meisten Digitalthemen die Bevölkerung nicht erreichen. Patente auf Lebensmittel sind wichtiger als 20 Euro Lizenzabgaben pro Linux-Handy an Bill Gates Microsoft.

    Die Piraten sind wie sieben Jahre rot-grün: Kein Vorteil fürs Volk.

    Nur Youtube demokratisiert. Weil die Presse wegschaut und systematisch hinterher-berichtet.

    Wenn wenigstens ein ehrlicher Reporter Wulff fragen würde, ob er an die Rezession glaubt, muss Wulff sein Gehalt an Hart4-Empfänger spenden falls die Rezession wirklich kommt. Dafür bezahlen wir die Presse eigentlich. Die Gegenöffentlichkeit erreicht die Rentner mit Ipad und Hausfrauen mit Internet, Skype und Facebook im SmarTV im Wohnzimmer aber nicht. Also wirkt es nicht. Man müsste Initiativen und Aktionen aktiv mit Internet unterstützen damit die Leute mitkriegen, das die Presse zum Großteil nur Agenturmeldungen ohne viel Mitdenken wiedergibt.

    Wir werden nicht belogen, wir werden systematisch desinformiert und fehl-informiert.

  • ML
    Martina Lippmann

    Ich finde es unklug, daß der Herr Kardinal sich in Staatsgeschäfte einmischt. Weihnachten hin oder her -

    die müssen beide auf ihren eigenen Beinen stehen, oder?

  • C
    chris

    Ich fand klasse, dass die Rheinische Pest titelte: "70 Prozent lehnen Wulffs Rücktritt ab" (Quelle ARD). Während eine Umfrage bei ntv.de genau zum gegenteiligen Ergebnis kommt.

     

    Also, "Augen auf beim Politikerkauf" gilt auch für unsere Medien.

     

    Und übrigens Herr Gabriel, dass hier reihenweise Deals auffliegen und Leute Ihren Stuhl räumen müssen ist ausnahmsweise mal eher eine Zeichen dafür, dass die Demokratie funktioniert, bzw. dass der Souverän wach ist.

  • W
    weihnachtsmann

    Die Rede vor dem Tannenbaum und den handverlesenen Gästen ist im Kasten. Es gab ein paar Petzer, wir wissen von was er nicht erzählt. Aber wo ist der Herr Bundespräsident denn an Weihnachten? Ob er in Florida seinen Gönnern eine Live-Ansprache hält? Sozusagen als sprituelles Dankeschön für ihre, dem hohen Amt gebührendene Unterstützung.

  • J
    JürgenG

    Die ganze ermüdende Diskussion um Wulff erweckt den Anschein, es könne ein Problem mit einem einzelnen Darsteller der Scheindemokratie geben. Die ganze hysterische Berichterstattung darüber ist deshalb letztlich dabei dienlich, die tatsächlichen Verhältnisse zu verschleiern. Die Wirtschaft regiert mittlerweile uneingeschränkt global, was interessiert mich da ein korrupter Grüßaugust, der auch nicht schlimmer ist als all die anderen der Politdarsteller-Kaste?

  • OP
    Otto Pardey

    Christian Wulff war schon als Ministerpräsident von

    Niedersachsen eine Fehlentscheidung und ist als

    Bundespräsident einfach beschämend.

    Zur geplanten Weihnachts-Ansprache des Christian

    Wulff empfehle ich:

    Entweder umzuschalten oder den Ton leise zustellen

    damit die Weihnachtsgans nicht aus dem Topf springt!

  • KB
    Kundes Banzler

    Tja, mit den Menschen ist es wie mit den Tieren. Wie sagte ein Freund aus Österreich: "Die Menschen san wie die Viecherln. Stehn's erst am Trog, woll'ns alle saufen...".

     

    Was Kommentare zum Privatleben in einer Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten an das Deutsche Volk zu suchen haben enzieht sich meiner Bewertung.

     

    Als Sachverständigen akzeptiere ich allenfalls Cem Özdemir, der kennt sich mit Flugreisen und up-dates aus - hat eine ähnliche Situation auch schon (erfolgreich ?) ausgesessen. Zum Steinewerfen sollte er allerdings das Glashaus verlassen ...

  • S
    sigibold

    Die Weihnachtsansprache des Präsidenten ist traditionsgemäß eine normalerweise eher etwas betuliche Veranstaltung. Nun gut der Präsidentent reflektiert so gut er eben kann über Krieg und Frieden sowie Glück und Unglück. Was mich an solchen Ansprachen sehr stört ist, dass sie schon kommentiert werden bevor sie gehalten worden sind. Es liegt leider in der Natur der Sache, dass die Ansprachen vorher aufgezeichnet werden. Das ist aber kein Grund, dass die Petzer vom Dienst schon alles ausplaudern. Weiterhin ist es immer wieder unschön zu hören und zu lesen was alles in einer solchen Rede(kann auch die Neujahrsrede des Kanzlers sein) fehlt. Da wurde doch tatsächlich nichts zur gestreiften abessinischen Fleckkröte gesagt. Ein Skandal! Egal wie man zu Herrn Wulff steht und wie böse ihm Boulevardblätchen wie die taz wollen. Seine persöhnlichen Dinge hat er vielleicht vor einem Parlament zu verantworten aber in eine Weihnachtsansprache gehört der Mist sicher nicht.

     

     

    sigibold

  • MD
    Martin D.

    Was ist eine Weihnachtsansprache wert, die schon vier Tage vorher bekannt ist? Ein Bundespräsident muß vor allem eines können: Reden. Warum also hält er die Ansprache nicht live?

  • V
    Valecchi

    Das gute an der Kreditaffäre Wulff ist, dass eine neue, aktuelle Diskussion um den Sinn und Zweck eines solchen Amtes in unserer Demokratie des Jahres 2011 entflammt ist und der BILDUNGSBÜRGER - nicht mehr der Duckmäuser - aktiv Demokratie mitbestimmt und sich einbringt, etwa durch zahlreiche Blogs und Kommentare. Das Schlechte an dieser Affäre ist, dass Wulff nicht einmal den Schneid und die Courage hat, sein erhebliches Fehlverhalten zu entschuldigen und das Amt endlich freizugeben. Damit besteht für die neue, Berliner Republik eine echte Chance zur Reform der Demokratie und UNSERER demokratischen Ordnung.

  • M
    mephiske

    Es könnte im Zirkel der Weihnachts- und Endjahres-Apostel

    durchaus als probat, ja sogar als legitim gelten, die Audienzen mit der Vorjahresrede abzuspeisen.

    Am 25.12 gegen Abemd wird man mehr erfahren.

     

    Mephiskebahn