Wulffs Privatkredit: Präsident legt Dokumente offen
Wegen des Privatkredits zur Finanzierung seines Hauses wird Bundespräsident Wulff von der Opposition kritisiert. Ab Montag ist der Vertrag für Journalisten einsehbar.
BERLIN dpa | Bundespräsident Christian Wulff steht wegen seiner früheren engen Beziehungen zu vermögenden Unternehmern weiter in der Kritik - auch wenn er inzwischen in die Offensive geht.
Ab Montag können Journalisten die Unterlagen für den umstrittenen 500.000-Euro-Kredit, den eine Unternehmer-Gattin dem Ehepaar Wulff für den Kauf eines Hauses gewährt hat, in einer Berliner Anwaltskanzlei einsehen. Sonntag ließ der Wulff zudem über seine Anwälte eine Liste mit Urlauben veröffentlichen, die er als niedersächsischer Ministerpräsident bei befreundeten Unternehmern gemacht hat.
Wulff steht in der Kritik, weil er 2010 als Ministerpräsident im Landtag den Kredit von Edith Geerkens nicht erwähnte, als er nach seinen Geschäftsbeziehungen zu deren Mann Egon gefragt wurde. Wulff betont, der Kredit stamme von Frau Geerkens. 2009 verbrachten Christian und Bettina Wulff ihren Weihnachtsurlaub in der Geerkens-Villa in Florida. Aber auch schon 2003 und 2004 machte Wulff nach der Liste seine Anwälte mit seiner damaligen Frau Christiane beim Ehepaar Geerkens in Spanien Urlaub.
Die Liste enthält zwischen 2003 und 2010 insgesamt sechs Urlaube bei Freunden in Spanien, Italien, auf Norderney und in Florida. Nach Angaben seines Anwalts bezahlte Wulff dafür nichts. Hinzu kommt ein bereits bekannter Aufenthalt in der Mallorca-Ferienanlage des Unternehmers Carsten Maschmeyer, wo sich Wulff kurz nach seinem Amtsantritt als Bundespräsident im Sommer 2010 einmietete.
"Unmissverständlich Aufschluss geben"
Die Grünen verlangen vehement, Wulff müsse nun alle Fakten - vor allem hinsichtlich des Kredits - nennen. Ihr Fraktionschef im Bundestag, Jürgen Trittin, sagte am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin": "Der Bundespräsident ist in der Verpflichtung, über die Dinge, die aus der Zeit seiner Ministerpräsidentschaft rühren im wesentlichen, endlich klar unmissverständlich Aufschluss zu geben."
Die Co-Fraktionsvorsitzende Renate Künast sagte in der ARD-Sendung "Günther Jauch", Wulff habe eine "Bringschuld", die offenen Fragen zu beantworten. "Ich erwarte, dass er die Informationen klar hinlegt." Künast weiter: "Es gibt einen harten Verdacht, dass er etwas angenommen hat, Geld angenommen hat, eine Vergünstigung, günstigere Zinsen, in Bezug auf sein Amt."
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Altmaier (CDU) mahnte, "dass man sehr vorsichtig sein soll mit solchen Vorverurteilungen, die am Ende vielleicht keinen Bestand haben, aber das Amt des Bundespräsidenten beschädigen können". Altmaier begrüßte, dass Wulff jetzt Einblick in die Kreditunterlagen gewährt und die Urlaubsliste veröffentlichen ließ. "Das ist Transparenz. Das ist aktives Bemühen um Aufklärung", sagte er in der Sendung "Günther Jauch".
Wulff signalisierte am Wochenende, dass er trotz tagelanger Kritik an dem 2008 aufgenommenen und zunächst von ihm verschwiegenen Privatkredit zur Finanzierung seines Hauses nicht an Rücktritt denkt. "Man muss selber wissen, was man macht", sagte er. "Das muss man verantworten - das kann ich", ergänzte er auf die Frage, wie er den politischen Druck aushalte.
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