Für Wulff-Buch: Maschmeyer zahlte Anzeigen
42.000 Euro hat Unternehmer Carsten Maschmeyer ausgegeben, um ein Buch von Christian Wulff zu bewerben. Der wusste, so sagt er, nichts davon. Und eine Umfrage stärkt Wulff den Rücken.
BERLIN dpa | Der niedersächsische Unternehmer Carsten Maschmeyer hat 2008 eine Anzeigen-Kampagne für ein Interview-Buch bezahlt, in dem der heutige Bundespräsident Christian Wulff sein privates und politisches Leben beschreibt. Ein Sprecher Maschmeyers bestätigte der Nachrichtenagentur dpa am Montagabend einen entsprechenden Bericht der Bild-Zeitung.
Danach hatte der Gründer des Finanzdienstleister AWD für die Zeitungsanzeigen rund 42.700 Euro aus seinem Privatvermögen ausgegeben. Mit den Annoncen war im Herbst 2007 während des niedersächsischen Landtagswahlkampfs für das Buch "Besser die Wahrheit" geworben worden, in dem sich der Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat Wulff umfassend darstellte.
Maschmeyer sagte der Bild-Zeitung, er habe "die Anzeigen privat bezahlt", sie jedoch nicht steuerlich geltend gemacht. Mit Wulff habe er darüber nicht gesprochen. Der Sprecher Maschmeyers bestätigte auf Anfrage diese Darstellung. Von Wulffs Anwälten war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Der Bild-Zeitung erklärte Rechtsanwalt Gernot Lehr, Wulff sei von den Zahlungen Maschmeyers nichts bekanntgewesen.
Das Interview-Buch war dem Bericht zufolge ein wichtiges Instrument im damaligen CDU-Landtagswahlkampf: Die Partei habe seinerzeit einige tausend Exemplare gekauft und sie als Wahlwerbung für den damaligen Ministerpräsidenten Wulff verschenkt, berichtet das Blatt. Wulff hatte sich im Sommer 2010 kurz nach seiner Wahl zum Staatsoberhaupt auch in einer Ferienanlage Maschmeyers auf Mallorca eingemietet.
Sondersitzung des Ältestenrats
Der niedersächsische Landtag befasst sich am Dienstag (16 Uhr) mit den Vorwürfen gegen das Staatsoberhaupt. In einer Sondersitzung will der Ältestenrat prüfen, ob Wulff gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen hat, als er 2008 ein 500.000-Euro-Darlehen von der Ehefrau des Unternehmers Egon Geerkens annahm. Zugleich sollen seine Verbindungen auch zu anderen Geschäftsleuten durchleuchtet werden, bei denen Wulff als Regierungschef Urlaub gemacht hatte.
Zentrale Frage ist, ob Wulffs Vorgehen mit dem Ministergesetz im Einklang steht, das es Politikern untersagt, Geschenke in Bezug auf ihr Amt anzunehmen. Am Sonntag hatte der Bundespräsident eine Liste von Urlauben veröffentlichen lassen. Danach verbrachte er als Regierungschef zwischen 2003 und 2010 insgesamt sechs Urlaube bei Freunden in Spanien, Italien, Florida und auf Norderney.
Die Unternehmerin Angela Solaro-Meyer bezeichnete die Urlaube in ihrem Haus auf Norderney als rein privat. Die Inhaberin eines Süßwarenfachgeschäfts auf der Nordseeinsel bestätigte im Sender MDR Info, dass Wulff 2008 und 2009 bei ihr Ferien gemacht hatte. Sie bestritt aber nachdrücklich, dass es dabei um geschäftliche Dinge gegangen sei: "Das ist eine rein private Freundschaft. Ich würde niemals Vorteile davon haben wollen", sagte sie.
Schenkungssteuer für Luxusurlaube
Nach Ansicht des Steuerexperten Peter Bilsdorfer sind die Gratis-Urlaube Wulffs bei befreundeten Unternehmern als Schenkungen anzusehen. Für Schenkungen müssten über einem Freibetrag von 20.000 Euro Steuern entrichtet werden, sagte der Vize-Präsident des saarländischen Finanzgerichts der Frankfurter Rundschau. "Es stellt sich die Frage, ob Wulff wegen der Vielzahl der geschenkten Luxusurlaube schenkungssteuerpflichtig war."
Ein Großteil der Deutschen ist einer Umfrage zufolge gegen einen Rücktritt des Bundespräsidenten. Nach dem am Montag erhobenen ARD-Deutschlandtrend plädieren 70 Prozent dafür, dass Wulff weiter im Amt bleiben soll. Allerdings finden es weniger als die Hälfte - 49 Prozent der Befragten - in Ordnung, wenn ein Ministerpräsident von einem befreundeten Unternehmer einen privaten Kredit annimmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen