: Wütende Studis
In Sachsen protestieren tausende Studenten gegen die Haushaltssperre und den Stellenabbau an Universitäten
DREDSEN taz ■ Einen Berg warmer Pullover und Decken kippten gestern etwa 3.000 demonstrierenden Studenten vor dem sächsischen Landtag Finanzminister Thomas de Maizière (CDU) vor die Füße. Klopapierrollen flogen auf die Bühne. Produkte einer symbolischen Spendensammlung, die auf die Folgen der sächsischen Haushaltsperre für die Hochschulen hinweisen sollten.
Von ihr sind vor allem laufende Sachausgaben betroffen. Die Beschaffung von Büchern, Zeitschriften und Lehrmitteln stockt, Wartungsdienste werden eingeschränkt, Raumtemperaturen gesenkt. Der Protest ist Abschluss einer Aktionswoche, in der es nur vordergründig gegen die Haushaltsperre ging. Diese 30-prozentige Sperre betrifft die disponiblen Bereiche aller Ressorts und wurde von Finanzminister de Maizière noch einmal mit der schlechten Konjunkturlage begründet. Zielscheibe sowohl der Demonstration wie auch der vorausgegangenen Landtagsdebatte war jedoch die gesamte Bildungsstrategie der sächsischen Staatsregierung.
Obgleich der im Vorjahr vom früheren Finanzminister Georg Milbradt noch durchgesetzte Abbau jeder sechsten Stelle im Hochschulbereich inzwischen gemildert wurde, bleibt der bevorstehende „Hochschulkonsens“ weiter umstritten. Bis Jahresende strebt die Staatsregierung eine solche Rahmenvereinbarung nach westdeutschem Vorbild mit den Hochschulen des Landes an. Grundlage sollen die im Frühjahr vorgestellten Empfehlungen einer externen Hochschulentwicklungskommission sein. Danach sollen die Hochschulen einen „Konsolidierungsbeitrag“ zum Staatshaushalt leisten, was auf den Abbau von 715 Stellen bis zum Jahr 2008 hinausläuft. Weitere 300 stehen anschließend zur Disposition. Im Gegenzug sollen sie eine relative Budgetsicherheit erhalten. Der sächsische Finanzminister lehnte es jedoch ab, die Hochschulen von möglichen künftigen Haushaltsperren auszunehmen und damit zu privilegieren. Mit den bundesweit höchsten Hochschulausgaben von 329 Mark je Einwohner genieße dieses Ressort bereits Priorität.
Unter dem Strich bleibt jedoch ein Abbau des Angebots. Plakate der Studenten wie „1 Seminar, 10 Stühle, 100 Studenten, 1000 Dank!“ weisen darauf hin, dass mit mittlerweile 85.000 Studenten in Sachsen eine Annäherung an die Verhältnisse westdeutscher Massenuniversitäten erfolgt. Die Demonstranten und Oppositionspolitiker sind nicht gewillt, dies hinzunehmen.
MICHAEL BARTSCH
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