: Wütend werden reicht nicht
■ betr.: „Keine Spielräume nir gends“, in der taz vom 20. 9. 96
Am Weltkindertag finden sich die „Großen“ toll, weil sie keine Kinder mehr hauen und die lieben Kleinen erfolgreich mit den Segnungen der Konsum-, Freizeit- und Mediengesellschaft(en) ruhiggestellt haben. Dafür hinterlassen wir ihnen, ohne rot zu werden, Atommüll, auf den sie die nächsten 30.000 Jahre aufpassen dürfen, wenn sie nicht vorher schon von Pestiziden vergiftet (Quatsch, wir haben doch Höchstmengenverordnungen!), mit BSE infiziert (Unsinn, kann gar nicht passieren!) oder überfahren worden sind (Schulen, macht ihr denn nicht genug Verkehrserziehung?).
Wir verdoofen sie auch noch ein bißchen, denn Bildungsinvestitionen werfen nicht schnell genug was ab. Damit das nicht so auffällt, schrauben wir die Anforderungen ans Hirn herunter und schwätzen daher von Streß (zum Beispiel wenn „Take That“ sich auflöst), für den es zum Glück noch freie Sprechstunden bei Therapeuten gibt. Wichtigstes Erziehungsziel: konsumieren! Und damit das klappt, müssen die Kids jobben, weil das Geld zu Hause nicht reicht oder nicht lockergemacht wird. Für Getränkemärkte, Putzkolonnen, Werbezeitungsvertriebe ist das praktisch und billig, und für die Konsumtempel lohnt es sich auch.
Wütend werden reicht nicht, Frau Garbrecht! Roswitha Knauer, Münster
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