piwik no script img

Wüstensturm im Wohnzimmer

■ Mit Parabolschüssel auf CNN-Empfang

Die Kriegsstunde der Privaten ist vorbei. Der Hamburger SAT 1, der Münchner Tele 5 und RTL plus in Köln haben die Ausstrahlung des CNN-Nachtprogramms (Cabel-News-Network) abgesetzt. „Aus urheberrechtlichen Gründen“ erklärte der Redaktionsleiter Aktuelles vom Hamburger SAT 1, Heinz Böckenholt, denn mit dem CNN-Programm wurden verschiedene Lizenzgeber ausgestrahlt, die in den aktuellen Verträgen zwischen den Privaten nicht abgedeckt sind. Doch wer auf die Bilder von Peter Arnett aus dem Bagdader El-Raschid Hotel mit und ohne Gasmaske nicht verzichten will, darf jetzt wieder Hoffnung schöpfen.

Denn mit einer einfachen Aluminiumschüssel auf dem Dach oder im Vorgarten können Bremer Haushalte den amerikanischen Fernsehsender CNN direkt empfangen. Cirka 3.000 Mark kosten Anschaffung und Installation. Wer über die Parabolantenne mit 1,20 Durchmesser verfügt, kann sich rund um die Uhr die amerikanische Art der Kriegsberichterstattung ins Wohnzimmer holen. Voraussetzung: Zwischen Antenne und Satellit dürfen keine Hindernisse stehen.

Von Bagdad aus klettern Mikrowellen des amerikanischen Fernsehunternehmens 36.000 Kilometer hoch ins All. Über dem Äquator, 27,5 Grad westlicher Länge, hängt der amerikanische Nachrichtensatellit Intelsat, für den die CNN eine Sendefrequenz gepachtet hat. Von dort geht es dann wieder „bergab“, 36.000 Kilometer im Wellensturzflug, bis die Signale im Empfänger entschlüsselt werden.

Intelsat hatten auch die Privaten angezapft und die Sendesignale direkt ausgestrahlt. Mit den Parabolantennen fällt der Umweg über die Sender weg. „Wir hatten seit Beginn des Golf-Krieges viele Anfragen über die genaue Position und Frequenz des Intelsat-Satelliten“, erklärt der Abteilungsleiter Kundendienst beim Bremer Medienkaufhaus Barlage, Horst Vollbarth. Sein Unternehmen hatte in der vergangenen Woche mit einer Anzeigenkampagne „CNN Live“ für die Alu-Schüssel geworben.

In die Röhre guckt dabei auch die Post. Seit dem 1. Februar sind Satellitenempfänge, mit denen die Post nichts zu tun hat, gebührenfrei. Die Nachrichtentechniker des Bundes prüfen lediglich, ob eine Antenne, mit der man die Satelliten anzapfen kann, störungsfrei arbeiten, d.h, vor allem, keine Postfrequenzen blockieren.

Wer für das heimische Fernsehvergnügen noch tiefer in die Tasche greifen will, der kann sich auch für 4.500 Mark eine schwenkbare Schüssel aufs Dach stellen. Mit den entsprechenden Peilungskoordinaten und Sendefrequenzen ergeben sich zahlreiche neue Fernsehmöglichkeiten. Peter Arnett kann schließlich nicht überall gleichzeitig sein. mad

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen