■ Press-Schlag: Wozu Wimbledon?
Unaufhaltsam drängt sich der Verdacht auf, daß Wimbledon nichts anderes ist als eine gigantische Werbeveranstaltung der Erdbeerindustrie. 256 Spielerinnen und Spieler reisen an, um sich zwei Wochen lang Tausende von Tennisbällen um die Ohren zu schlagen, „hörbare Obszönitäten“ von sich zu geben und Tragödien, Komödien, Helden- oder Seifenopern aufzuführen. Menschen vernachlässigen ihre Familien, um sich tagelang den Hintern auf harten Schalensitzen oder Holzbänken plattzudrücken und sich den Bauch auf dem „Tea Lawn“ mit Erdbeeren, verkohlten Würsten, die dutchees genannt werden, Darjeeling und Alkoholika vollzuschlagen. Andere übernachten in Schlafsäcken vor der Anlage oder stehen stundenlang Schlange für eine Karte. Ballmädchen riskieren ihr Leben, Tenniscracks verschwinden und tauchen wieder auf, Spielerfrauen vermöbeln Schiedsrichter, erwachsene Menschen schlingen sich Piratentücher um den Kopf, nicht ganz so erwachsene kreischen beim Anblick ihrer Lieblinge, als seien die Beatles auferstanden. Und wozu das ganze? Damit am Ende genau die acht Leutchen übrigbleiben, von denen es jeder erwartet hat – die jeweils vier Topgesetzten bei den Frauen und bei den Männern. Was ließe sich doch an Zeit, Geld und Nerven sparen, wenn man statt eines gigantischen Scheinturnieres einfach eine Art Mini-Masters mit den acht erwiesenermaßen besten Rasenplatzspielerinnen und -spielern veranstalten würde.
Die Dummen allerdings wären die Erdbeerpflanzer. Matti
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