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Wolfsburg vor dem BundesligastartTotalverweigerer rehabilitiert

Weil der umstrittene Brasilianer Diego schwer vermittelbar ist, wird er beim VfL Wolfsburg zum Chef befördert. Nicht alle Fans sind mit der Entscheidung glücklich.

Liegt da ein Anflug von Spott auf Diegos Mine, als Felix Magath Anfang August seinen Einsatz als Nummer 10 bestätigt? Bild: dpa

Wolfsburg taz | Ein leichtes Grinsen von ihm garniert das zweite, frisch geschossene Mannschaftsfoto des VfL Wolfsburg. Mitte Juli noch, als Diego unbedingt verkauft werden sollte und nicht einmal ein Trikot mit Namen und Rückennummer abgekommen hatte, war er nur als Statist mit abgelichtet worden.

In dieser Woche aber, als die runderneuerte Mannschaft mit bisher sieben Zugängen erneut fotografiert worden ist, gab es den ebenso genialen wie umstrittenen Spielmacher in neuer Rolle zu sehen. „Wir wollen nach vorne. Da ist ein Spieler von solcher Qualität nicht verkehrt“, findet VfL-Boss Felix Magath.

Dass der strenge Trainer, Manager und Geschäftsführer wieder große Hoffnungen in einen bereits aussortierten Profi setzt, ist einem Burgfrieden zuzuschreiben. Sie konnten Diego nicht verkaufen, also haben sie ihm das Trikot mit der Nummer 10 gegeben und wollen seine Künste wieder nutzen – in der Hoffnung, dass er seine Lektion gelernt hat und auch wirklich mitspielt.

Unter all den Transfers, die der kauffreudige Magath in den vergangenen Jahren abgewickelt hat, gehört die Rückkehr von Diego zu den besonders kuriosen Fällen. 15 Monate nach dessen Totalverweigerung, als sich der Star mitten im Abstiegskampf nicht mit einem Platz auf der Ersatzbank begnügen wollte und seine Mannschaft im Stich ließ, bleibt unbestritten, dass dieser kleine Mittelfeldspieler große Fähigkeiten besitzt. Die Tücken seines Handelns sind allerdings auch nicht zu unterschätzen.

Voll in der Pflicht

„Ich möchte mich bei Felix Magath für das Vertrauen und die neue Chance bedanken“, sagt Diego und gibt sich zumindest ein wenig reumütig. Es war kein einziger Klub zu finden, der den zuletzt an Atletico Madrid ausgeliehenen 27-Jährigen kaufen oder leasen wollte. Magath spricht von einigen konkreten Anfragen und vielen Interessenten. Weil Diego aber nicht zu vermitteln war, nimmt er den unverkäuflichen Konflikt jetzt eben voll in die Pflicht und macht ihn zu seiner zentralen Figur im Mittelfeld.

Der von Magath ausgerufene Neuanfang, den er mit Diego wagt, ist auch für ihn ein neu eingeschlagener Weg. Wie schon im Fall des früheren Nationalspielers Patrick Helmes, der beim VfL Wolfsburg bereits degradiert, zum Einzeltraining am Mittellandkanal verdonnert und zum Verkauf freigegeben worden war, gewährt der Chef auch Diego eine zweite Chance.

„Wir sind wieder bereit, mit Diego unsere Ziele anzugreifen. Ich bitte die Fans, dass sie ihm auch eine neue Chance geben“, sagt Magath, dessen bisheriger Reflex auf Probleme und Allüren eher aus Abstrafungen und Aussortierungen bestand. Es ist nur ein kleiner und verbohrter Teil der Wolfsburger Fan-Gemeinde, der wegen der Begnadigung des stark polarisierenden Ballkünstlers aufmuckt.

Drastische Botschaft

„Diego beim VfL ist wie Osama im Weißen Haus“ stand auf einem Plakat, in Lübeck während des DFB-Pokalspiels der Wolfsburger gegen den FC Schönberg. Eine in Sachen Diego drastische Botschaft. Diego hat sich in Wolfsburg einiges zuschulden kommen lassen. Einmal etwa verschoss er eigenmächtig einen Elfmeter, für den er gar nicht vorgesehen war. Er hat die gegnerischen Fans mit Nickeligkeiten in Serie gegen sich aufgebracht. Na und? Der VfL Wolfsburg möchte so gerne zurück in das obere Drittel der Bundesliga-Tabelle und in einen europäischen Wettbewerb.

Wie viele Überzeugung und wie viel Pragmatismus in der Entscheidung stecken, dass Diego sich erneut beweisen darf, wird sich beim ersten Anflug neuer Probleme zeigen. Einen Profi, der vor zwei Jahren noch rund 15 Millionen Euro Ablöse gekostet hat, setzt man nicht einmal in Wolfsburg einfach so auf die Tribüne und lässt seinen Wert weiter sinken. Wenn Diego schon unter Vertrag steht, findet auch der Wolfsburger Aufsichtsrats-Vorsitzende Francisco Javier Garcia Sanz, dann sollte er auch spielen.

Ein Jahr lang läuft noch der Vertrag, den der frühere VfL-Manager Dieter Hoeneß ausgehandelt hat und der Diego zum Großverdiener macht. Dass sich Spieler und Verein wieder zusammengerauft haben, konnte nichts daran ändern, dass immer wieder Spekulationen über einen Verkauf aufkommen.

Die Gerüchte werden zum ständigen Begleiter des VfL, wenn das Experiment mit Diego als Spielmacher nicht funktioniert. „Eigentlich“, antwortet Magath auf die Frage, ob er Diego auch mal wieder mit der Rolle des Reservisten belästigen wird, „muss er nicht mit der Bank rechnen.“

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