Wolfsburg kann Mainz nicht schlagen: Magath fürchtet Kontaminierung
Nach dem 2:2 gegen Mainz ist VfL-Chef Felix Magath weiter auf der Suche nach Ursachen und Schuldigen für das Wolfsburger Elend. Braucht Wolfsburg neue Spieler?
Es gehört zu den Ritualen des Fußball, dass nach einem Remis mit verteilten Halbzeiten die einen hadern, dass sie in der zweiten Hälfte nicht gespielt haben wie in der ersten. Und die anderen andersherum. Am Ende sagen beide Seiten, dass die schwache Halbzeit nie mehr vorkommen dürfe und man künftig die starke Halbzeit auf 90 Minuten ausdehnen wolle. Wozu es aber in der Regel nicht kommt.
Was das 2:2 zwischen dem VfL Wolfsburg und Tabellennachbar Mainz 05 angeht, so legten die Wölfe nach Eigeneinschätzung vor dem Wechsel mit die stärkste Hälfte der Saison hin und führten 2:0 durch Mandzukic (10.) und einen Treffer, bei dem die DFL noch entscheiden muss, ob er von Madlung war oder ein Eigentor von Kirchhoff (41.).
Allerdings hatte die Mainzer Verteidigung den Wölfen das Tor geschenkt und damit die eigene Konterfußballstrategie ad absurdum geführt. Wolfsburg stand danach tief und sah stabil aus, aber eben auch, weil Mainz mit seinem Ballbesitz nichts einfiel. Nach dem Wechsel spielte Mainz dann langsam wie Mainz: Taktisch ordentlich und präzise, agressiv, mutig, hoch verteidigend - und fand so zweimal die Schnittstellen in der VfL-Abwehr.
Leverkusen - Hoffenheim 2:0
München - Bremen 4:1
Freiburg - Hannover 1:1
Kaiserslautern - Hertha 1:1
Wolfsburg - Mainz 2:2
M'gladbach - Dortmund 1:1
Stuttgart - Köln 2:2
Hamburg - Nürnberg 2:0
Schalke 04 - Augsburg 3:1
Die Tabelle
1. München 15 (Spiele) +29 (Tore) 31 (Punkte)
2. Dortmund 15 +20 30
3. Mönchengladb. 15 +14 30
4. Schalke 15 +10 28
5. Bremen 15 +1 26
6. Leverkusen 15 +3 25
7. Stuttgart 15 +5 22
8. Hannover 15 -4 21
9. Hertha BSC 15 -1 19
10. Hoffenheim 15 -2 18
11. Hamburg 15 -6 17
12. Köln 14 -9 17
13. Wolfsburg 15 -9 17
14. Mainz 14 -6 16
15. Nürnberg 15 -12 15
16. Kaiserslautern 15 -8 14
17. Freiburg 15 -11 13
18. Augsburg 15 -14 11
Beim 2:1 wurde Ivanschitz allein auf Benaglio zueilend von jenem gefoult und verwandelte selbst den Strafstoß (70). Beim 2:2 liefen die Wölfe in der Vorwärtsbewegung in einen tödlichen Paß Baumgartlingers: Der eingewechselte Choupo-Moting traf zum 2:2 (81.).
Was macht den VfL-Fußball aus?
Nachher wollte mancher tiefenpsychologisch ausloten, inwiefern das seltsame 3:4 das Vorjahres eine Rolle gespielt haben könnte, als der VfL beim Debüt des zu Recht vergessenen Diego sogar eine 3:0-Führung verspielt hatte. Naja, der Mainzer Trainer Thomas Tuchel hatte seine Profis in der Halbzeit schon daran erinnert und dies nach Aussage einiger Spieler auch in Rückstand-Lautstärke. Vor allem aber coachte er aktiv und situativ und erinnerte seine Leute erfolgreich daran, wie Mainzer Fußball geht.
Genau das ist beim VfL Wolfsburg halt immer noch die spannende und unbeantwortete Frage: Was macht den VfL-Fußball aus - und erfolgreich? Der Focus liegt dank Trainer Felix Magaths zumindest in dieser Beziehung erfolgreichen Arbeit weiterhin auf der Charakterdiskussion. Es geht dabei nicht um seinen Charakter, sondern um den vermeintlich problematischen der Spieler.
Inzwischen fürchtet Magath gar, der Standort Wolfsburg sei kontaminiert und erschwere es, dauerhaft leistungsbereite Profis zu haben. Und sowas in der Stadt, die VW großgemacht hat bzw. andersherum. Und zwar mit "harter Arbeit", wie der scheidende Oberbürgermeister Rolf Schnellecke sagt. Die Viertagewoche wurde freilich auch in und für Wolfsburg erfunden, und das war gesellschaftlicher Fortschritt. Und zeigt, dass man mit solchen Analogien und Populärpsychologismen nicht sehr weit kommt, jedenfalls nicht bei seriösem Interesse.
Das Problem ist ein fußballerisches
Das Problem ist ein fußballerisches und in erster Linie auf dem Platz zu lösen. Es besteht für Hasan Salihamidzic in der Beantwortung der Frage: "Wie ist es möglich, solche Tore zu bekommen? Warum hält man eine Stunde die perfekte Ordnung und "dann ist mit einem Paß alles offen"? Tja, wie denn? "Ich weiß es auch nicht", sagt der weitgereiste Profi (HSV, Bayern, Juventus Turin). Er spricht auch mit Magath darüber, wenn der seine Spieler nicht gerade anschweigt, wie in der vergangenen Woche. Aber auch Magath rätselte zumindest am Samstagabend noch.
Was zu sehen war: Salihamidzic selbst gab dem sehr tief angelegten Wolfsburger Spiel lange Stabilität, war ein effektiver Herr der kleinen Bälle, baute aber mit zunehmender Spieldauer ab, wie auch andere richtig hart arbeitende Kollegen. Als Mainz hoch und präzise verteidigte und immer stärker presste, hatte der VfL laut Magath "Angst"; vor allem aber auch taktisch keine Antwort mehr.
Dachte man im Vorjahr, man habe es mit einer verkorksten Saison zu tun, sieht es nun nicht besser aus. 17 Punkte nach 15 Spielen, das ist mager. Auswärts sieht es ganz suboptimal aus (4 Punkte), zuhause hatte man zuletzt einige positive Ergebnisse abgeliefert. Aber am Samstag sah die VW-Arena bei offiziell 24.000 Zuschauern fast halbleer aus, was an der mangelnden Zugkraft von Mainz liegt, aber eben wohl auch an der Gesamtlage. Es gibt keine Aufbruchstimmung und die Hoffnung auf guten Fußball scheint eher gering zu sein.
Es wird interessant sein zu sehen, ob es einen in dieser Situation vorwärtsbringt, die Spieler - die man selbst im Dutzend eingekauft hat - als Fußballsöldner zu stigmatisieren und die allgemein bevorzugte Lösung darin bestehen zu lassen, noch weitere neue zu holen.
Braucht Wolfsburg, fragte man Salihamidzic, neue Spieler? Er verzog das Gesicht, als habe er einen Grashüpfer verschluckt. "Fragen Sie mich doch sowas nicht", sagte er. Und wie stellt man die Fehler ab? "Gute Frage". Da müsse er erst mal drüber schlafen. "So langsam", sagte Hasan Salihamidzic, "bin ich mit meinem Latein am Ende." Für Felix Magath gilt das selbstverständlich nicht, sondern bis auf weiteres nur: Veni, Vidi, Non Vici.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe