Wolfsburg im Eishockey-Finale: Die Belächelten trumpfen auf

Dank Geld und Cleverness spielen die Grizzly Adams Wolfsburg am Freitag erstmals um den Titel. Doch selbst in der eigenen Stadt stößt der junge Klub auf wenig Gegenliebe.

Halbfinale im heimischen Stadion: Der Wolfsburger Kai Hospelt bejubelt ein Tor gegen gegen die Pinguine Krefeld. Bild: dpa

WOLFSBURG taz | Die bunte Beflaggung einer überwiegend grauen Stadt, in der eigentlich niemand großen Eishockeysport vermutet, dient den letzten Skeptikern als Wegweiser. Mit Fahnen im schrillen Orange, der Vereinsfarbe der Grizzly Adams Wolfsburg, wird ein Finale der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) angekündigt, in dem die Niedersachsen den bisher größten Erfolg ihrer noch jungen Vereinsgeschichte krönen wollen.

"Kleinigkeiten werden dieses Spiel entscheiden", meint Pavel Gross, der mutige Wolfsburger Trainer, vor der am Freitag (19.30 Uhr) beginnenden Finalserie gegen den Titelfavoriten Eisbären Berlin.

Dass die Grizzly Adams nur vier Jahre nach ihrem Aufstieg in die DEL schon Meister werden können, lässt viele Experten aufhorchen, bringt aber auch Kritiker auf den Plan, die die Wolfsburger als neureichen Klub ohne Tradition und genügend Zuschauer abkanzeln. Es spricht für die Routine und Gelassenheit von Karl-Heinz Fliegauf, dass er die Mäkeleien am bundesweit eher belächelten Eishockey-Standort Wolfsburg einfach an sich abprallen lässt.

"Natürlich fehlt es uns nach vier Jahren in der DEL noch an Tradition. Aber andere Vereine haben es mit gleichen Möglichkeiten eben nicht hinbekommen, das Finale zu erreichen. Da ist also ganz viel Neid im Spiel", findet Fliegauf, der sich in der Puck-Branche als "Charly" einen Namen gemacht hat.

Nach Stationen bei den Augsburger Panthern und den Frankfurt Lions hat der frühere Profi sein Glück als Manager bei einem Emporkömmling gefunden, weil er die nötige Zeit und das nötige Kleingeld für eine clevere Transferpolitik bekommen hat.

"Wir haben dieses Team hier über drei Jahre aufgebaut und dabei nicht die üblichen Verdächtigen verpflichtet", versichert Fliegauf, der stets bemüht ist, möglichst viele deutsche Spieler in seine Mannschaft zu integrieren. "Außerdem haben wir bei vielen guten Indianern nur wenig Häuptlinge. Natürlich gibt es Leistungsträger. Aber jeder Spieler kennt seine Rolle in diesem Team."

Offensiver Umgang mit Reichtum

Um Kritiker zum Schweigen zu bringen, gehen die Wolfsburger mit ihrem von der Konkurrenz angeprangerten Reichtum recht offensiv um. Fliegauf spricht von einem Etat von 4,5 Millionen Euro, der dank der Unterstützung eines Automobilkonzerns zuverlässig zur Verfügung gestellt werde, aber im Vergleich zu den anderen DEL-Klubs gar nicht ungewöhnlich hoch sei. Die stille Reserve in der Erfolgsbilanz der Wolfsburger dürfte vielmehr sein, dass sie es schaffen, Führungs- und Ergänzungsspieler so zusammenzubringen, dass eine entschlossene Einheit entsteht.

"Wir haben gemeinsam um jeden Zentimeter Eis gekämpft", sagte der frühere Nationalstürmer Andreas Morczinietz nach dem hart umkämpften Halbfinal-Triumph über die Krefelder Pinguine. Ein Tor von Kai Hospelt in der 87. Minute der zweiten Verlängerung hatte einen besonderen Kraftakt belohnt, für den Chefcoach Gross im Sommer mit harter Arbeit die nötige Grundlage legen ließ.

Der Tscheche, bis zum Wechsel von Toni Krinner zum amtierenden Meister Hannover Scorpions dessen Kotrainer in Wolfsburg, gilt als eine Mischung aus hartem Hund und klugem Taktiker, dessen Stärken erst nach dem Abschied seines Vorarbeiters offensichtlich wurden. "Pavel ist absolut kompetent und der Vater unseres taktischen Konzepts", sagt Fliegauf als zufriedener Chef über Gross, der als Spieler schon dreimal Meister mit den Mannheimer Adlern geworden ist.

Leistungsträger mit großem Teamgeist

Dass die Wolfsburger in der bisherigen Playoff-Phase noch frei von jeder Niederlage sind und deshalb erholt in das Finale starten, ist ihrem großen Teamgeist und den besonderen Fähigkeiten ihrer Leistungsträger zu verdanken. Jochen Reimer gehört in seiner derzeitigen Form zu den stärksten Torhütern der gesamten Liga. Und mit Norm Milley sowie Ken Magowan können sich die Grizzly Adams auf Stürmer verlassen, die angesichts ihrer geschickten Arbeit mit dem Schläger erstaunlich viele Zweikämpfe hinter des Gegners Tor gewinnen und damit für ständige Gefahr sorgen.

Rund 15 Profis der aktuellen Mannschaft sollen für die kommende Saison gehalten werden. Aber noch wichtiger bleibt das Ziel, den bisher dürftigen Zuschauerschnitt auf 3.000 anzuheben. "Diese Mannschaft hat mehr Fans verdient", sagt Trainer Gross, dem eine seiner wenigen Sorgen bereits genommen ist. Im Duell mit den Eisbären ist die 4.500 Zuschauer fassende Halle für die ersten beiden Heimspiele bereits ausverkauft.

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