Wohnungsmarkt: Mieter haben nichts zu lachen
Immobilienverband sieht für 2008 nur moderate Mieterhöhungen. Aber weil das Realeinkommen sinkt und Kosten explodieren, geben Haushalte bis zu 40 Prozent des Einkommens für Miete drauf.
Lange haben die Berliner MieterInnen über ihre Artgenossen in Paris, London oder München gelächelt oder ungläubig den Kopf geschüttelt. Denn wer in Berlin wohnt - in der so genannten Mieterstadt Nummer eins -, muss nicht wie jene bisweilen die Hälfte und sogar dreiviertel seines Einkommens für die monatliche Miete aufbringen. Nach der aktuellen Untersuchung des Immobilienverbandes Deutschland (IVD), dem Zusammenschluss der Immobilienberater, Makler und Sachverständigen, aber nimmt jetzt auch in Berlin "die Mietbelastung für Haushalte alarmierend" zu. Hat es sich also bald ausgelächelt an der Spree? Es hat.
Wie Dirk Wohltorf, Geschäftsführer des IVD-Regionalverbandes Berlin-Brandenburg, am Mittwoch sagte, haben sich die Mietpreise privat vermieteter Wohnungen (also nicht städtische Wohnungen oder die von Genossenschaften) in der Hauptstadt zwar nur moderat erhöht. Von Herbst 2007 bis zum gleichen Zeitraum im Jahr 2008 seien die Mieten "mit durchschnittlich 5,75 Euro pro Quadratmeter um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen".
"Mit Sorge" habe der IVD zugleich registriert, so Wohltorf weiter, dass 2008 für die Miete einer Wohnung im Durchschnitt 29 Prozent des Einkommens aufgebracht werden müsse - Tendenz steigend. Hohe Preise und Abgaben stellten die Berliner Mieter vor immer größere Probleme.
Wohltorf: "Heute muss man die Nettokaltmiete immer auch in Zusammenhang mit den Haushaltsnettoeinkommen sehen." Danach komme etwa ein Bezirk wie Friedrichshain-Kreuzberg, bedingt durch ein geringes Haushaltseinkommen, umgerechnet die höchste Mietbelastung Berlins - nämlich 35,1 Prozent. Es folgten Mitte und Pankow mit 33,5 beziehungsweise 30,5 Prozent. Schlusslichter sind Zehlendorf, Lichtenberg und Schöneberg mit 27 und 28 Prozent.
"Erschreckend wird diese Entwicklung dann, wenn die Mietbelastung in Richtung 40 Prozent des Haushaltseinkommens geht", sagte IVD-Vorstandskollege Andreas Habath, der die Auswertung vorgenommen hat. Zum Realeinkommensverlust und den Mietzahlungen käme die so genannte "zweite Miete" hinzu: nämlich gestiegene Betriebs- und Energiekosten, Versicherungen und Steuern. Die Preissteigerungen verringerten die "Spielräume in den Haushalten deutlich", so Habath.
Erfasst hat der IVD sowohl die Miet- als auch die Kaufpreise für Wohnungen, Häuser sowie Büroflächen in Berlin und den Umland 2007/2008. Auswirkungen der internationalen Finanzkrise auf den Markt wollte der Immobilienverband nicht ausmachen. Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen (1.650 Euro pro Quadratmeter in einfachen bis 6.500 Euro in "Szenebezirken" wie Prenzlauer Berg) und Grundstücke (130 am östlichen Stadtrand bis 650 Euro in Citylagen und Dahlem) seien gegenüber 2007 fast gleich geblieben. Die Wohnimmobilienpreise in Berlin und Potsdam blieben trotz der Krise stabil, so die IVD-Einschätzung. Lediglich bei den Investmentimmobilien seien Preisstürze nach den "überhitzten" Zeiten 2007 festzustellen.
Insgesamt führe eine geringere Neubautätigkeit einerseits und die steigende Nachfrage andererseits zu "positiven" Ertragsaussichten für Vermieter oder Hausbesitzer in der Region Berlin-Brandenburg, meint der IVD.
Und das Bauen wird teurer: Für neue Immobilien, so hat das Statistische Bundesamt am Mittwoch ermittelt, mussten im gesamten Bundesgebiet Käufer 4,7 Prozent mehr auf den Tisch legen als im Jahr zuvor.
Das freut die Vermieter. Oder?
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