piwik no script img

Wohnraum für MigrantenAm besten in der Nachbarschaft

Flüchtlinge sollten in normalen Wohnungen unterkommen, finden Die Linke und die FDP. Damit greifen sie eine langjährige Forderung des Flüchtlingsrates auf.

Container sind keine angemessene Unterkunft für Flüchtlinge - diese Erkenntnis setzt sich allmählich auch in der Politik durch. Bild: DPA

Hamburgs Bezirke tun sich schwer damit, Flüchtlinge unterzubringen. Eimsbüttels Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) hat jetzt einen Neubau auf städtischem Grund dafür vorgeschlagen. Damit bleibt er hinter dem zurück, was bereits in der Bürgerschaft diskutiert wird: Die Flüchtlinge über die Stadt verteilt in normale Wohnungen einziehen zu lassen. So unterschiedliche Parteien wie die FDP und Die Linke haben dazu ähnliche Anträge formuliert.

Sevecke hatte im Hamburger Abendblatt vorgeschlagen, für ein städtisches Grundstück bei Hagenbecks Tierpark einen Investor zu suchen, der bereit wäre, Flüchtlinge in einen dort zu errichtenden Neubau einziehen zu lassen. 30 Menschen könnten dort zunächst unterkommen und, falls sich das Projekt bewähre, weitere 30.

„Seveckes Vorschlag läuft wieder auf eine separate Unterbringung der Flüchtlinge hinaus“, kritisiert Hermann Hardt vom Flüchtlingsrat. Besser wäre es, wenn sie inmitten der Bevölkerung leben könnten, wie es der Flüchtlingsrat seit Jahrzehnten fordere, sagt er. Das sei menschenwürdiger, billiger und verringere die Gefahr, dass sich die Nachbarn gestört fühlten.

Angebot & Nachfrage

2.550 Flüchtlinge muss Hamburg in diesem Jahr aufnehmen und unterbringen, wenn das Bundesamt für Migration richtig geschätzt hat. Dazu kommt eine ungewisse Zahl von Arbeitsmigranten aus EU-Ländern, die sich schwertun, eine Wohnung zu finden.

Rund 8.800 Wohnungen sind bei der Saga/ GWG im Jahr 2012 frei geworden.

In den öffentlich-rechtlichen Unterkünften lebten am 31. August 8.900 Menschen. Darunter waren 2.700 Wohnungslose, 1.700 Zuwanderer mit gesichertem Aufenthaltsstatus und 4.500 Zuwanderer ohne gesicherten Aufenthaltsstatus.

Die Linke hat Ende August beantragt, „ein Konzept zur Neuorganisation der Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen statt in Gemeinschaftsunterkünften zu entwickeln“. Eine bestimmte Quote des Wohnungsbestands solle Flüchtlingen vorbehalten bleiben.

Auch die FDP findet, die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Containern könne „nur eine temporäre Lösung“ sein. Der Senat möge ein Konzept zur dezentralen und kleinteiligen Unterbringung entwickeln und dazu seinen Betrieb „Fördern und Wohnen“ mit der Akquise beauftragen.

Etwas wolkiger klingt der Antrag der regierenden SPD. Sie möchte neben dem Ausbau der Flüchtlingsunterkünfte Einzel-Wohnungen in Neubaugebieten für besonders benachteiligte Zielgruppen vorhalten und dafür sorgen, dass Flüchtlinge leichter Wohnungen am normalen Markt finden.

Peter Hitpass vom Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), der die genossenschaftlichen und öffentlichen Firmen vertritt, findet die Aufnahme in normale Wohnungen schwierig. Die Flüchtlinge müssten staatlich betreut werden, behauptet er. Zudem gebe es eine Sprachbarriere. Der Leerstand sei mit 0,3 bis 0,6 Prozent minimal. „Was nützt ein Kontingent, wenn wir die Wohnungen gar nicht haben?“, fragt er. Siegmund Chychla vom Mieterverein hält es dagegen für richtig, die Flüchtlinge im Wohnungsbestand zu verteilen: „Bei den niedrigen Zahlen ist es kein Problem, die Menschen in gewachsenen Strukturen unterzubringen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

5 Kommentare

 / 
  • P
    Pixi

    Ich will keine Flüchtlinge in meinem Wohnviertel. Sag ich ganz ehrlich, auch wenn ich gleich dafür gekreuzigt werde.

  • OO
    Olive Oil

    Ich finde nicht, dass Zuwanderer ab sofort dieselben Rechte haben wie Einheimische. Seine Rechte muss man erst mal kennenlernen, ebenso wie seine Verpflichtungen.

    Abgesehen davon: Welcher Hauseigentümer vermietet denn lieber an Migranten als an Menschen, bei denen er sicher sein kann, dass die Hausgemeinschaft untereinander gut klappt?

  • G
    gast

    Bei der Wohnungsnot in Deutschland und somit die enorme Mietwucherei ist NICHT zu verstehen bei aller Hilfsbereitschaft, das Flüchtlinge in normale Wohnungen untergebracht werden, während die Einheimischen keine bezahlbaren Wohnungen mehr finden können.

    • S
      Stefan
      @gast:

      Das ist ganz einfach zu verstehen, in dem man annerkennt, dass Flüchtlinge Menschen wie Sie und ich sind- und mit gleichen Rechten ausgestattet sein sollten, wie die Bundesbürger. Und das geht bei menschenwürdiger Unterbringung los.

      Die Wohnungsnot und Mietwucherei ist keine Schuld der Flüchtlinge, sondern jahrzehntelange Ignoranz der Situation auf dem Wohnungsmarkt. Verantwortlich dafür:

      CDU, FDP, SPD, Grüne (zumindest in HH) und eben viele Vermieter samt ihrer Lobby.

      • J
        Johnny
        @Stefan:

        Da sind die Flüchtlinge ganz offensichtlich nicht mit gleichen Rechten ausgestattet, sondern mit mehr davon: einem Nicht-Flüchtling wird nämlich keine Wohnung (und schon gar nicht im chronisch überfüllten Hamburg) bereitgestellt wenn er gerne eine hätte, der muss sie sich suchen und bezahlen.