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Wohnen im Kunstraum

■ Felix Stephan Huber in der Galerie Vincenz Sala

Umwandlung der Galerie in eine Wohnung für fünf Personen«, nennt der in Köln ansässige Schweizer Künstler Felix Stephan Huber seine neueste Installation, die derzeit bei Vincenz Sala in der Kreuzberger Manteuffelstraße zu sehen ist. Mit viel Humor und einem einfachen, aber wirkungsvollen Kunstgriff fordert Huber die Galeriebesucher und deren Einbildungskraft heraus. In den ansonsten leeren Räumen markieren Tesabandstreifen die Standorte beziehungsweise Ausmaße von imaginären Einrichtungsgegenständen.

Je nach Phantasie und Vorstellungsvermögen ergeben sich aus den simplen geometrischen Grundformen konkrete, fast greifbare, feste Körper. Möbelstücke eben, die nur im Kopf existieren, uns aber gleichzeitig mit der Begabung des menschlichen Geistes konfrontieren, Gegenstände aus dem Nichts zum Leben zu erwecken.

Dreh- und Angelpunkt der künstlerischen Arbeit des 35jährigen Zürchers aber ist die Fotografie. Huber kultiviert diesem Medium gegenüber ein gesundes Mißtrauen. Ein Bild ist nunmal nur ein Bild, daher unweigerlich bewußter oder unbewußter Manipulation ausgesetzt. Huber reagierte, indem er ironisierend bestimmte Zeitabschnitte seines Lebens mittels Unmengen selbstgemachter Bilder zu bizarren Fotolandschaften zusammenstellte. In anderen Arbeiten inszeniert er abstruse Evolutionstheorien, vermeintlich seriös wissenschaftlich vorgetragen und durch Fotos belegt. Ganz im Sinne Hubers wird dabei jedoch nur eines deutlich: die Absurdität dieser Unterfangen.

Für den kritischen Blick hat die Kamera ihre Beweiskraft endgültig verloren. Auch in der Installation bei Vincenz Sala finden sich zwei Fotografien. Die erste bedeckt eine ganze Wand und zeigt den Ausschnitt einer leicht verwahrlosten Wohnung, die zweite bildet nichts ab, außer einer grauen Fläche und dem fiktiven, auf 1997 vordatierten Zeitpunkt ihres Entstehens. Beide Fotos wollen, das wird im Zusammenhang deutlich, keine Tatsachen, sondern Möglichkeiten, wie auch die Tesabandstreifen der »Wohnungseinrichtung«, die Dinge nur andeuten und nicht festlegen. Hubers Arbeiten leiten den Betrachter, aber sie vereinnahmen ihn nicht, sie geben Hinweise, aber betrügen nicht. Das macht sie so aktuell. Ulrich Clewing

Galerie Vincenz Sala, Manteuffelstraße 41, Kreuzberg. Di, Mi, Fr 17-20 Uhr, Sa 11-14 Uhr, noch bis zum 20. Juni

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