: Wohlstandsbürgerkrieger
■ Monitor, Montag, 21.00Uhr, ARD
So ist das mit den Magazin-Sendungen: Man guckt 'ne dreiviertel Stunde, und hinterher weiß man gar nicht, worüber man sich am meisten aufregen soll. Über das dumpfe Gelabere des Papstes zum 500. Jahrestag der Entdeckung Amerikas, über die Stasi, die 'Super!‘-Zeitung und die „Heim ins Reich“-Brüller hierzulande? Oder über die Terroristenfahnder von der Bundesanwaltschaft, die sich darauf verlegt haben, flaue Schlagzeilen zu produzieren und Pappkameraden zu Kronzeugen hochzupäppeln? Meine Favoriten waren ja Stasi und 'Super!‘. Nein, da kommt man als Ostlerin nicht dran vorbei. Bei der 'Super!‘ wundere ich mich sowieso immer, wer die so alles liest und sich nicht schämt, das morgens in der U-Bahn auch noch öffentlich vorzuführen. Die Tatsache, daß dieses Blatt fast ausschließlich von Westlern gemacht wird und daß die paar Vorzeige-Ostler in der Redaktion auch noch 40Prozent weniger als die anderen verdienen, ist ja nun mittlerweile allseits bekannt. Und die Drängel-Fragen des Straßen-Interviewers („Und das haben Sie nicht gewußt?“) waren auch nicht gerade zu einer freien Meinungsäußerung angetan. Peter Bartels, der 'Super!‘- Chef, durfte dann noch ein bißchen menscheln, aber zu spät, Monitor hatte ihm die Wohlstandsbürger- Maske längst vom Gesicht gerissen.
Nicht so leicht abzutun war diesmal die Stasi-Variation. Monitor hatte recherchiert, daß die Stasi regelrechte Mordpläne gegen unliebsame Bürger ausgeheckt hatte, daß der heutige Alterspräsident des sachsen-anhaltinischen Parlaments ebenso auf der Liste stand wie ein Grenzsoldat, der bei der Flucht in den Westen zwei Wachposten erschossen hatte. Ausgeheckt von perversen Sandkasten-Kriegern zwischen dem letzten „Aktivist der sozialistischen Arbeit“-Orden und der nächsten „Wartburg“-Anmeldung. Daß keine der Drohungen eingelöst wurde, stimmt zuversichtlich.
Wie denn damit nun umzugehen sei, wie eine „verantwortungsvolle Aufarbeitung“ stattfinden könnte — das wurde dann ab 21.45Uhr bei Monitor nachgefragt auf 1plus beredet. Ja ja, das fragen wir uns alle. Wir Ostler, bis der nächste Medien-Hammer fällt, und ihr Westler und Ex- Ostler, bis ihr endlich mal wieder eine Meinung absondern dürft.
Da hat sich vor fünf Tagen einer umgebracht, weil er sich diese Medien-Hatz nicht mehr antun wollte. Weil ja nachfragen auch nicht lohnt, weil ja DDR gleich Nazi-Herrschaft ist. Ist alles ganz einfach, gaaanz weit weg und immer gut für eine linke Nabelschau. Daß Klaus Bednarz (Deckname „Pullover“) das in seiner Anmoderation anklingen ließ, ist dankenswert. Anja Maier
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