: Wohin führt die Autonomie?
Bei neuen Gesprächen in Oslo haben sich Peres und Arafat auf einen Modus zur Fortsetzung der israelisch-palästinensischen Verhandlungen geeinigt ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Israels Außenminister Schimon Peres und der PLO-Vorsitzende Jassir Arafat haben in Oslo Gespräche über die Zukunft des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses geführt. Die beiden Politiker waren vorgestern nacht zu der Unterredung in der norwegischen Hauptstadt zusammengetroffen, nachdem sie zuvor um ein Denkmal für die Hilfe Norwegens beim Zustandekommen des ersten, sogenannten „Grundlagenabkommens“ zwischen Israel und der PLO enthüllt hatten.
Peres und Arafat sollen sich dabei auf einen Modus geeinigt haben, nach dem die im Grundlagenabkommen vom letzten September vorgesehenen Gespräche über den endgültigen Status der besetzten Gebiete vonstatten gehen sollen. Außerdem wurden weitere Verhandlungen zur Lösung wirtschaftlicher Probleme in den palästinensischen Autonomiegebieten Gaza-Streifen und Jericho beschlossen, aus denen vor zwei Tagen die letzten israelischen Truppen abgezogen sind. Weitere Einzelheiten wurden einstweilen nicht bekannt. Peres akzeptierte bei dieser Gelegenheit auch eine Stellungnahme, die Arafat zu seiner am 10. Mai in Südafrika gehaltenen Rede abgab. In der Rede hatte er zu einem „Dschehad“ um die Heiligen Stätten in Jerusalem aufgerufen. Arafat verwies darauf, daß „Dschehad“ nicht unbedingt „Heiliger Krieg“ bedeute, sondern damit könne auch der Einsatz friedlicher Mittel gemeint sein. Sein Aufruf an die Moslems in der Johannisburger Moschee habe einen „religiösen Sinn“ gehabt. Er werde sich weiterhin gewaltlos für Frieden einsetzen, und „bei diesem langen Marsch“ jede Gewalttat ablehnen. Peres erklärte daraufhin, daß Arafat „weiter seine Verpflichtungen zu erfüllen verspricht, Gewalttätigkeit, Terror und Krieg ein Ende zu setzen“.
In der Westbankstadt Hebron wurde unterdessen das Anfang der Woche verhängte Ausgehverbot wieder aufgehoben. Das internationale Beobachterteam, das aus 160 Norwegern, Dänen und Italienern besteht, und dessen Mitglieder ebenfalls gezwungen worden waren, in ihren Quartieren zu bleiben, durfte seine Patrouillen wiederaufnehmen. Das Ausgehverbot war am Dienstag von den israelischen Militärbehörden verhängt worden, nachdem Siedler in Hebron auf eine Gruppe steinewerfender Palästinenser geschossen hatten, und nachdem Mitglieder des bewaffneten Flügels der Hamas außerhalb der Stadt zwei Siedler ermordet hatten.
Der Chef der Beobachtergruppe, der Däne Thöger Berg Nielsen, beklagte sich über die Verhängung des Ausgehverbots gegen seine Leute. Dies sei ein Bruch der Vereinbarungen und verhindere die Beobachter, ihre Aufgabe durchzuführen. Die dänische Regierung gab am Mittwoch bekannt, daß sie mit der Behandlung der internationalen Beobachtergruppe in Hebron unzufrieden ist.
Nach Angaben eines UN-Sonderkomitees hat sich die Menschenrechtssituation in den von Israel besetzten Gebieten seit dem Abschluß des Friedensabkommens im vergangenen September nicht verbessert, sondern verschlechtert. Dem UN-Sonderkomitee für Israels Umgang mit den Palästinensern wurde auch diesmal wieder die Einreise in den Gaza-Streifen und das Westjordanland verweigert. Nicht einmal die genaue Zahl der Palästinenser, die in israelischen Gefängnissen einsitzen, sei zu ermitteln.
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