Wochenübersicht: Kunst : Harald Fricke schaut sich in den Galerien von Berlin um
Ja, 2004 war das Jahr der Dschungelcamps. Hat damit die Kulturindustrie endgültig ihren Triumph gefeiert? Glaubt man der Ausstellung „tainment“ in der NGBK, dann ist heute die Bildung von Bewusstsein überhaupt eine unendliche Abfolge aus Mili-, Edu-, Psycho-, History- und Politainment – eine unterhaltungsfreudige Spielwiese des Gesellschaftlichen, auf der sämtliche Informationen medial verpackt sind. Diese gegenseitige Umarmung von Öffentlichkeit und Images weckt wiederum einiges Interesse in jenen Teilen des Kunstbetriebs, die sich mit der Konstruiertheit von Bildern beschäftigen. Das sind heute so ziemlich alle, auch wenn sich die Ausstellung der NGBK auf Videos konzentriert.
Gleich im Eingangsbereich findet sich ein atemberaubender Loop von Eno Henze und Andreas Lorenschat: Für „Rust“ haben sie die Talfahrt einer Achterbahn auf dem Scheitelpunkt eingefangen – unentwegt sieht man vergnügungssüchtige Menschen in die Tiefe stürzen. Die kurze Sequenz ist selbst wie ein Rausch angelegt, der einen beim Betrachten fast physisch mitreißt. Dagegen sind Arbeiten wie die Doku-Collage von Friederike Anders klassisch aufklärerisch konzipiert: Es gibt Bilder von Missiles, die gezündet werden, und dazu kann man der Rhetorik des Kalten Krieges zuhören, ganz im Geist der Achtzigerjahre. Christian Jankowski dagegen versucht die manipulative Macht der Medien mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen. In dem Video „Commercial Landscape“ zeigt er, wie sich toskanische Bauern in einer fiktiven Dokumentation um den touristischen Mehrwert ihrer Region bemühen und zu diesem Zweck kein Klischee auslassen. Einen völlig kunstinternen Blick gibt es auch: John Wood und Paul Harrison nutzen für ihre absurden Handlungen den „white cube“, als wäre die Galerie selbst ein mediales Schlachtfeld.