Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Alle sind verschuldet, der Staat, diese Stadt, jeder soundsovielte Privathaushalt. Die Dramatikerin Kathrin Röggla ist für ihr jüngstes Stück tief in die defizitären Welten von Schuldnerberatungen, Inkassofirmen und von Existenzängsten heimgesuchten Privatpersonen getaucht. In „Draußen tobt die Dunkelziffer“ wird eingekauft, bis die Kreditkarte vibriert, bankrottiert und zwangsvollstreckt, bis mancher Figur schließlich der Atem wegbleibt. Am Maxim Gorki Theater inszeniert jetzt Stephan Müller das Drama, das vergangenes Jahr in Wien uraufgeführt wurde. Doch nicht nur das Limit des Dispokredits lässt Gefühle einer diffusen Bedrohung der Freiheit wachsen. Umweltkatastrophen, Terror und die Vogelgrippe tun das ihre, westlich sozialisierte Individuen immer stärker zu verunsichern, die sich inzwischen ja schon beim Karikaturenzeichnen den Tod holen können. Der Erlanger Dramatiker und Regisseur Marc Becker liefert in seinem Stück „Weltuntergänge“ zwei Momentaufnahmen aus unserer neuen Angstkultur. Zwei Paare, vier Arten, auf die echten und gefühlten Bedrohungen in dieser Welt zu reagieren. Das Theater unterm Dach zeigt Beckers Stück als Koproduktion mit dem Staatstheater Stuttgart. Dass das Leben schon immer eine unsichere Sache war, hat auch der junge Bert Brecht gewusst. „Im Dickicht der Städte“ liefern sich Shlinck und Garga einen existenziellen Kampf, den Frank Castorf als optimistischster aller Pessimisten in seiner Inszenierung ab Donnerstag in der Volksbühne auch als Chance begreift. Wie man sich an der Gier der Menschen bereichern kann, führt dem Publikum seit dem 16. Jahrhundert immer wieder ein gewisser Volpone vor, den sich der elisabethanische Dramatiker Ben Jonson ausgedacht hat. Am Deutschen Theater hat Dimiter Gotscheff diese listige kapitalistische Komödie inszeniert.