: Wo ist Pastor Douce?!
■ betr.: "Sechs Flics und ein verschwundener Pastor", taz vom 20.9.90
betr.: „Sechs Flics und ein verschwundener Pastor“,
taz vom 20.9.90
Manchmal weiß ich nicht, ob die taz- BerichterstatterInnen ihrem jeweiligen „Objekt“ gerecht werden wollen. Ich fand die Überschrift etwas zu „cool“ und „locker“ angesichts der Tatsache, daß ein Mensch in Frankreich(!) verschwindet(!), der mit gesellschaftlich geächteten Menschen gearbeitet hat.
Seit 1987 hat ein Freiwilliger von EIRENE, internationaler christlicher Friedensdienst, mit seiner Arbeit nach Paragraph 14b der Zivildienstgesetzgebung das Centre du Christ Libérateur (CCL) unterstützt. Ich kenne Pastor Doucé persönlich und kann mich deshalb auch nicht dem verharmlosenden Bild des „guten Pastor Doucé“ in der „ruhigen rue...“ anschließen. Pastor Doucé hat sehr viel gearbeitet und riskiert —nun mit seinem Leben? — um als Stellvertreter für die Minderheiten gegen deren gesellschaftliche Diskriminierung anzugehen.
Im 'National Hebdo‘, der rechtsextremen Zeitung von Le Pen, stand nach einer Presseerklärung unseres Freiwilligen zu seinem Dienstbeginn im CCL: „Welche Behörde läßt es zu, daß ein homosexueller, fremder Kriegsdienstverweigerer in Frankreich die Gesetzgebung in Frage stellt, die unsere Jugend gegen den Wahn von verdorbenen Schweinen schützt? Bis wann werden die Franzosen die Flut der Sauereien ertragen, die Irre vor ihren Türen erbrechen kommen? Eines Tages, ich sage es Ihnen, werden die Bürger, die noch nicht ganz verrückt geworden sind, entscheiden, ein für alle Mal und mit allen Mitteln die Fäulnis wegzufegen, mit der sie seit langem angesteckt werden.“
Wir sollten auch nicht vergessen: Daß die Diskriminierung bis zum Verbrechen geht, passiert nicht nur in Paris, sondern in diesem Jahr auch in Berlin, München und Hamburg.
Wir laden die LeserInnen der taz ein, die nachstehende Petition an ILIA MENSUEL 3bis, rue Clairaut, F 75017 Paris, zu senden, weil zu befürchten ist, daß Druck ausgeübt wird, damit dieser „Fall“ ungeklärt bleibt.
PETITION
Die UnterzeichnerInnen äußern ihre tiefe Erschütterung über die Entführung von Pastor Doucé und ihre Empörung über diese schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte. Wir appellieren an die Justiz der Französischen Republik und die Unparteilichkeit des Staates und fordern von Herrn Innenminister Pierre Joxe:
1.Darauf hinzuwirken, daß alles ans Licht kommt, daß alle Verdachtsmomente überprüft werden einschließlich des Verhaltens der Polizei vor, während und nach der Entführung.
2.Sicherzustellen, daß der Fortgang der Untersuchung in keinerlei Weise behindert wird. [Name, Funktion, Adresse, Datum und Unterschrift nicht vergessen!] Andrea Pfeiffer ÖA-Referentin von EIRENE, Neuwied
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