Wo Protest Wirkung zeigt: Schrumpfende Germanen
Erneut will die rechtsextreme Szene in diesem Jahr durch die niedersächsische Kurstadt Bad Nenndorf zum Wincklerbad marschieren. Unter dem Motto „Für die Opfer alliierter Kriegs- und Nachkriegsverbrechen – Gegen die Lüge der Befreiung!“ plant das selbst erklärte „Gedenkbündnis Bad Nenndorf“ den alljährlichen „Trauermarsch“. Es ist das zehnte Mal. Und auch in diesem Jahr erwartet die Marschierenden am Samstag wieder breiter Protest.
Das verspricht Jürgen Uebel, Vorsitzender des Bündnisses „Bad Nenndorf ist bunt“. Uebel hält es für „ein falsches Signal, jetzt in den Bemühungen nachzulassen“. Immerhin hätte sich der „Trauermarsch“ doch in den letzten Jahren von rund 1.000 auf weniger als 200 Rechtsextreme dezimiert. Wegen der Gegenaktionen mussten sie am Bahnhof oft sehr lange warten.
Der Protest setzt auch in diesem Jahr auf altbewährte Mittel: Er beginnt mit einem Gottesdienst. Auf der Route erwarten die Marschierenden indes neue Botschaften: „National und freigiebig!“ oder „Endspurt bis zum Endsieg!“, sollen in diesem Jahr die Losungen der Wahl sein. Denn den „Trauermarsch“ hat die Initiative „Recht gegen rechts“ zu einem Spendenlauf umfunktioniert. Für jede Minute unerwünschter Aufenthaltszeit werden 10 Euro „für die Entfernung von rechtsextremen Tattoos gespendet“, heißt es in ihrem Aufruf.
arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland
Doch das politische Klima hat sich geändert: Während sich „Bad Nenndorf ist bunt“ bisher gegen politische Widerstände behaupten musste, unterstützt nun der niedersächsische Landtag erstmals die Gegenveranstaltung. In einer Resolution rufen alle Landtagsfraktionen auf, „gegen den rechtsextremen Spuk“ auf die Straße zu gehen. Auch sie erklären, es sei dem Protest „zu verdanken“, dass der Aufmarsch vom bundesweit drittgrößten Neonazi-Aufmarsch kontinuierlich geschrumpft sei. Heute werden weniger als 200 Rechte erwartet.
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