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Wo Jürgen K. traf...

■ Fünf Autoren aus Chicago, Hamburgs künftiger Partnerstadt, im Literaturhaus

Wer möchte, konnte sich vor und nach der Übertragung der WM-Gruppenspiele von TV-Reportern durch einige amerikanische Städte führen lassen. Zum Beispiel durch Chicago, die Stadt am Lake Michigan, in der unser blonder Jürgen das erste Tor des Turniers schoß. Wer mag, kann sich heute ab 21 Uhr im Literaturhaus aus berufenerem Mund und auf englisch aus der Drei-Millionen-Metropole berichten lassen, mit der Hamburg in Kürze seine achte Städtepartnerschaft besiegeln wird.

Den Chicago-Chronisten Upton Sinclair und Saul Bellow machen heute schwarze Autoren wie Elizabeth Alexander, Leon Forrest und Michael Warr oder weiße wie Michael Anania und Reginald Gibbons Konkurrenz. Alle fünf verbindet, daß sie heute in Chicago von der Literatur leben - als Verfasser von Prosa und Lyrik sowie als Dozenten. Ansonsten spiegeln sie in ihren Verschiedenheiten, was Herkunft, Interesse und literarischen Ausdruck angeht, die buntgemischte urbane Kultur Chicagos wieder. Während New York seine Einwohner nach dem Motto „Melting Pot“ einzuverleiben versuchte, hat sich im Mosaik der Stadtteile Chicagos das kulturelle Erbe der Einwanderer erhalten.

Leon Forrest (56), Autor des Mammut-Romans Divine Days (1992) und derzeit Vorsitzender der „Africa American Studies“ an der Northwestern University of Chicago, ist der einzige, der das Gebirge aus Glas, Beton und Stahl mit dem höchsten Gebäude der Welt (447 Meter) seit seiner Geburt kennt. Elizabeth Alexander etwa, die neben Short Stories vor allem Kritiken und Essays für die New York Times und Washington Post schreibt, lebte, bevor sie in die „Windy City“ kam, in Washington. Oder Michael Warr. Der Autor des mehrfach preisgekrönten Gedichtbandes We Are All the Black Boy wuchs in Kalifornien auf und leitet heute in Chicago das multikulturelle Zentrum „Guild Complex“.

Michael Anania, der sich neben seiner eigenen Dichtung vor allem der Förderung von Autoren widmet, wurde 1939 in Nebraska geboren. Aus Houston/Texas verschlug's Reginald Gibbon (46), Herausgeber der bekannten Literaturzeitschrift TriQuarterly, in die Stadt, die seit jeher mit dem „Big Apple“ konkurriert.

Reinhard Helling

Kopien der eigens für die heutige Lesung ins Deutsche übersetzten Texte werden ausliegen, Literaturhaus, 21 Uhr

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