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„Wirtschaftswarntag“ der INSMUnternehmerszene radikalisiert sich

Lobbyverbände haben am Mittwoch zu Straßenprotesten aufgerufen. Die Aktionsform ist ungewohnt, die Forderungen nicht: Steuersenkung und Sozialabbau.

Kein Herz für leidende Unternehmer:innen: Linke Gegendemonstranten zeigen sich maximal unempathisch Foto: dpa | Hannes P Albert

Berlin taz | Thorsten Alsleben, Geschäftsführer der Initiative Soziale Marktwirtschaft (INSM) steht auf der Bühne und wirkt zufrieden: „Man merkt kaum, dass man bei Unternehmern ist, ihr seht aus wie richtige Aktivisten“, ruft er in die Menge. Mittwochmittag ist erfahrungsgemäß nicht der beste Zeitpunkt für eine Demonstration, trotzdem ist der Platz vor dem Brandenburger Tor gut gefüllt.

Der arbeitgebernahe Lobbyverband, der sich unermüdlich für Deregulierung, Steuer­senkungen und den Abbau des Sozialstaats einsetzt, hat am Mittwoch anlässlich des „Wirtschaftswarntags“ zu Kundgebungen in fünf deutschen Großstädten aufgerufen.

Straßenproteste sind ja traditionell das Medium, mit dem sich ungehörte, marginalisierte und unterdrückte Bevölkerungsteile bei den Mächtigen Gehör zu schaffen versuchen. Also perfekt für Deutschlands notleidende Unternehmer:innen, denen scheinbar niemand mehr zuhören will.

Statt schwarzer Sturmhauben und Wind­jacken bestimmen eher teure Filzmäntel und gegelte Haare das Bild. Junge Liberale stellen stolz Schals mit der Aufschrift „Aktienrente“ in der Parteifarbe gelb zur Schau. Ein anderer Demo-Teilnehmer trägt einen Pullover mit der Aufschrift „Merz 2025“. „Kernkraft ist beste“, ist anderswo zu lesen. Was all diese Menschen aus den Führungsetagen, Lobbys und Clubs auf die Straße treibt, ist die Sorge um Deutschlands wirtschaftlichen Niedergang.

Klima ist egal, hauptsache Profite

„Es brennt“, stellt Marie Christine Ostermann auf der Bühne fest. Damit spielt die Präsidentin des ebenso neoliberalen Lobbyverbands „Die Familienunternehmer“ nicht auf die Klima­krise an, sondern auf die schwindenden Profite der deutschen Wirtschaftselite. Überhaupt, die Un­ter­neh­me­r:in­nen sind die, die am meisten leiden: „Nichts ist so erdrückend, wie langfristigen Mitarbeitern kündigen zu müssen“, sagt Ostermann.

Die Ursachen sind schnell benannt: Steuern, Energie und Sozialabgaben sind zu hoch und gefährden den „Standort Deutschland“. Höhere Löhne seien dagegen keine Lösung, um die Wirtschaft anzukurbeln. Überhaupt nervt diese ganze Bürokratie. Ostermanns Nachredner wettert gegen das, aus seiner Sicht, völlig unnötige Lieferkettengesetz: „Das ist in Richtlinien gegossene Deindustrialisierung Deutschlands!“

Nach jeder Aussage jubelt die Menge begeistert und hält die zuvor massenhaft verteilte Pappsirenen in die Luft. Unter die Teilnehmenden haben sich auch ein paar Linke gemischt. „Normale Menschen müssen um diese Zeit arbeiten“, steht auf einem Schild, „Grüße aus Monaco“ auf dem anderen.

Etwas am Rande der Kundgebung protestiert ein Grüppchen Gewerkschaftsmitglieder gegen die Kundgebung. „Es ist dieselbe Scheiße, die sie seit Dekaden probieren“, seufzt DGB-Mitglied Ronny Matthes. Sozialabbau, Steuersenkungen, all das habe „schon vor 10 Jahren nicht funktioniert“.

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4 Kommentare

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  • Wieviel waren denn bei den Demos?



    Als ich davon im Radio hörte, dachte ich, dass es ja nicht ganz viele sein können, es sei denn man nötigt das mittlere Management dorthin.

    ".... Sozialabbau, Steuersenkungen, all das habe „schon vor 10 Jahren nicht funktioniert“. ..." Das hat glaub ich noch nie funktioniert, höchstens in Diktaturen.

  • Ich denke, man sollte diesen Spinnern sofort stärkeren medialen Gegenwind entgegenbringen, da sie bei einer Regierung Merz auf Gegenliebe stoßen werden.



    Man kann es nur immer wiederholen: Der Aktienkurs von BMW hängt nicht von der Höhe der Sozialhilfe ab.

    • @JohnReed:

      Unternehmer sind keine Spinner. 99% der Unternehmerschaft in D sind Klein-und Mittelbetriebe, die für den Großteil unseres BSP sorgen und auch Ihren Wohlstand sichern. Steuern, Energiepreise und Sozialabgaben runter: Das ist eine legitime Forderung, die unter anderem auch Habeck von den Grünen vertritt. Sonst verschwindet D bald im letzten Drittel der Industriestaaten. In diesem Zusammenhang den Unternehmern Profitsucht zu unterstellen ist dumm und infam: Zu diesen Unternehmern zählen u.a. auch Ihr Fleischer, Ihr Bäcker , Ihr Arzt , Ihr Schreiner und Ihr Kneipier. Und viele schuften ohne mehr zu verdienen als ihre Angestellten.

  • "„Nichts ist so erdrückend, wie langfristigen Mitarbeitern kündigen zu müssen“, sagt Ostermann." Nun, wenn die Frau Ostermann das tun muss, hat sie versagt, hat sie nicht verstanden sich dem Markt anzupassen. Nur, nicht sie leidet darunter, sondern die langjährig ausgebeuteten Mitarbeiter:innen.