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Wirtschaftsnotizen

■ Städte im Stromstreit

Städte

im Stromstreit

Berlin (taz) — Die ostdeutschen Kommunen bekommen anscheinend Oberwasser beim Milliardenpoker um die eigene Stromversorgung. Auf einer Besprechung Anfang Februar boten die Treuhand und die westdeutschen Atomstromer den Ostkommunen erstmals eine „echte Parität“ in der Stromversorgung. Bisher hatten die Strommonopolisten aus dem Westen immer auf den umstrittenen Stromvertrag vom August 1990 verwiesen, in dem den Kommunen maximal 49 Prozent aller zukünftigen Regionalenergieversorger in den fünf neuen Bundesländern zugestanden werden. Diese Regelung hatten sie sogar in der Anlage des Einigungsvertrages verankern lassen. Am vergangenen Donnerstag ging der Treuhand-Bevollmächtigte für kommunales Eigentum, Frankfurts ehemaliger Oberbürgermeister Wolfram Brück, in einem Interview einen Schritt weiter. „Die Partner im Stromvertrag erklärten sich bereit, an der Gründung von Stadtwerken aktiv mitzuarbeiten und ein Anteilsverhältnis zu sichern, das den Kommunen die Mehrheit einräumt.“ Offensichtlich hatten RWE, Preußen Elektra und das Bayernwerk einem Kompromißpapier zugestimmt, mit dem die Teilnehmer der Besprechung die Treuhand beauftragt hatten. Brück erklärte, die Stromkonzerne seien nun „grundsätzlich“ bereit, den Kommunen zur Mehrheit zu verhelfen. Einigen Kommunen reicht das noch nicht. Hinter den Kulissen mauern vor allem Städte gegen den von der Treuhand vorgeschlagenen Kompromiß, die die Unterstützung eines westlichen Stadtwerks im Rücken haben. Sie glauben über Finanzquellen und genug eigenes Know-how für ein selbstständiges Stadtwerk zu verfügen. Mit der paritätischen Gründung von Stadtwerken, so ihr Argument, gäben sie die Hälfte ihrer möglichen Stromgewinne aus der Hand. Die Stromversorgung in der dichtbesiedelten Stadt sei lukrativ und erweitere kommunalpolitische Spielräume.

Auch die Westkonzerne wissen um diese Geldquelle. Eben deshalb verweisen sie immer wieder auf die hohen Kosten für die Sanierung der Braunkohlekraftwerke, die mit dem Stromvertrag verbunden seien. Den Vertrag hatten RWE und Co. noch mit den alten SED- Seilschaften und Umweltminister Hans „Stasi“ Steinberg abgeschlossen. Nur mit einer Garantie, daß die neugegründeten Stadtwerke im Schnitt mindestens 70 Prozent des Stromes von ihnen beziehen und maximal 30 Prozent selbst erzeugen, seien ihre Investitonen zu amortisieren. Das Ziel ist nicht Markt oder eine ökologische Stromversorgung, sondern ein Strommonopol nach westlichem Vorbild.

Die Nachgiebigkeit der Konzerne in der Frage Mehrheitsbeteiligung entspringt nicht reiner Menschenfreundlichkeit. Die Ost- Kommunen hatten zwei Lücken in der Konstruktion des Stromvertrages gefunden. Artikel 21 des Einigungsvertrages verspricht den 146 Städten, deren Stadtwerke 1952 entschädigungslos vom SED-Regime enteignet worden waren, daß diese Vermögenswerte „unentgeltlich zurückübertragen“ würden. Artikel 22 sichert darüberhinaus wichtige Passagen des Treuhandgesetzes, nach dem „volkseigenes Vermögen, das kommunalen Dienstleistungen dient, durch Gesetz den Städten und Gemeinden zu übertragen“ ist. Damit könnten die Kommunen sogar die komplette Übereignung des regionalen Stromnetzes fordern, argumentieren einige Juristen. Zumindest aber können sie langdauernde gerichtliche Auseinandersetzung erzwingen: Ein Horror für RWE und CO. Wenn einige Städte die angebotenen Minderheitsbeteiligung der EVUs attraktiv finden, so hat das mit dem Investitionsbedarf für die Renovierung der städtischen Stromnetze zu tun. Auch sie wollen möglichst schnell ihre Stadtwerke ausbauen. Ohne Fremdkapital und Know-how trauen sich diese Kommunen die eigene Stromversorgung aber nicht zu. Noch immer besteht die Gefahr, daß die Weststromer auf die neuen Landesfürsten Einfluß ausüben. Hermann-Josef Tenhagen

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