Wirtschaftslobby gegen CDU: High Noon im Ministerium
Ein offener Krach zwischen der CDU und den Wirtschaftsverbänden ist selten. Doch nun attackieren die Bosse Minister Peter Altmaier harsch.
Der Christdemokrat hatte zum „Kongress zur Nationalen Industriestrategie 2030“ eingeladen, weil ihn Wirtschaftsverbände wegen seiner Ideen heftig angreifen. Der Minister hatte im Februar ein Thesenpapier zur Industriepolitik vorgelegt.
Darin fordert er die Schaffung neuer Möglichkeiten für die Regierung, in das Wirtschaftsgeschehen einzugreifen. Ihm geht es darum, China besser Paroli bieten zu können. Er will etwa den Ausverkauf von Schlüsselfirmen nach Fernost verhindern und die Schaffung von europäischen Großunternehmen fördern.
Praktisch alle Wirtschaftsverbände lehnten das ab. Statt Regierungseingriffen sei mehr Marktwirtschaft gefragt, sagte Dieter Kempf, Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Altmaiers Strategie konzentriere sich zu sehr auf die Schaffung europäischer Großunternehmen.
Altmaier schrecke ausländische Investoren ab
„Die Politik muss die ganze Industrie im Fokus haben und darf den Mittelstand nicht aus den Augen verlieren“, sagt Kempf, einer der wichtigsten deutschen Wirtschaftslobbyisten. Er warf Altmaier vor, ausländische Investoren abzuschrecken, wenn der Staat Übernahmen künftig verhindere. Außerdem sei es ineffizient, unter der Regie der Regierung künstlich Großkonzerne zu schaffen.
Reinhold von Eben-Worlée vom Verband der Familienunternehmer nannte Altmaier gar eine „Fehlbesetzung“ und unterstellte ihm einen Schwenk zum Sozialismus. Der Handelsverband BGA warf Altmaier vor, den Dienstleistungssektor zu vernachlässigen und den globalen Warenaustausch durch mehr Protektionismus zu gefährden. „Vor dem Hintergrund einer traditionell zurückhaltenden Wirtschaftspolitik in Deutschland muss ich vor diesen Maßnahmen warnen“, sagte BDA-Präsident Holger Bingmann. „Es gibt keinen Grund für die aktuelle China-Phobie.“
Altmaier selbst zeigt sich am Montag erstaunt, wie heftig die Kritik ausfiel. „Wer einen Stein ins Wasser wirft, darf sich zwar nicht wundern, wenn er Wellen schlägt“, sagte er. „Aber dieser Stein hat mehr Wellen geschlagen als erwartet.“ Der CDU-Politiker fühlt sich missverstanden: Er habe nicht die Familienunternehmen benachteiligen wollen, sondern er wolle umgekehrt etwas für den Standort Deutschland tun.
Der Gescholtene verteidigte seinen Vorstoß als „ersten Aufschlag, um eine Debatte auszulösen“. Er verwies darauf, dass die Konferenz im Ludwig-Erhard-Saal des Ministeriums stattfand. Die Regierung bewege sich fest auf dem Boden der sozialen Marktwirtschaft und wolle das bewährte Modell der Bundesrepublik nicht aufgeben. Doch es sei Eile geboten, um auf die aggressive Wirtschaftspolitik Chinas zu reagieren.
Zumindest die Arbeitnehmervertreter stehen dem CDU-Minister zur Seite. IG-Metall-Chef Hofmann klang fast, als habe Altmaier ihn zu seiner Unterstützung angeheuert. „Marktwirtschaftlicher Dogmatismus“ nütze nichts, während gezielte Eingriffe des Staates der Wirtschaft gewaltig helfen könnten, so Hofmann.
Zusammenschlüsse von Firmen hätten durchaus Sinn, um Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Dass solche Fusionen oft auch Jobs kosten, ignorierte der Gewerkschafter diesmal. „Was wir nicht brauchen, ist eine Debatte, in der jeder seinen Wunschzettel aus der Mottenkiste holt“, warnte Hofmann.
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