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Wirtschaftskrise in GriechenlandEU zwingt Griechen zum Sparen

Der Staatsbankrott ist vorerst abgewendet: Athen soll noch mehr kürzen, dafür gibt es neue Milliardenkredite. Eine Beteiligung privater Geldgeber ist weiterhin unklar.

Ernste Gesichter: der griechische Premier George Papandreou und Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker am Freitag. Bild: dapd

ATHEN dpa/rtr/taz | Das hochverschuldete Griechenland wird weitere Milliardenhilfen von der EU und dem Internationalen Währungsfonds erhalten. Die nächste Finanzspritze von 12 Milliarden Euro kann nach Angaben von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker ausgezahlt werden. Im Gegenzug hat die sozialistische Regierung unter Giorgos Papandreou einen verschärften Sparkurs zugesagt.

Griechenland hat im Frühjahr bereits einen Kreditrahmen von 110 Milliarden Euro erhalten. Unklar war, ob die nächste Tranche von 12 Milliarden Euro ausgezahlt werden kann, weil Griechenland seine Sparziele verfehlt hatte. Außerdem reicht der bisherige Kreditrahmen offenbar nicht aus: Durch den Sparkurs rutscht das Land immer tiefer in die Rezession, die Steuereinnahmen brechen weg.

Zudem hatte die EU gehofft, dass sich Griechenland ab 2012 einen Teil seines Kapitalbedarfs bei privaten Investoren besorgen könnte. Das hat sich bisher als illusorisch erwiesen. Die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen liegen zum Teil bei über 20 Prozent. Juncker macht nun weitere Finanzhilfe von einer freiwilligen Beteiligung des privaten Sektors abhängig.

Wie genau sich private Banken an den Kosten beteiligen sollen, scheint noch offen – etwa durch eine "sanfte Umschuldung" der griechischen Staatsanleihen, bei der die Laufzeiten gestreckt oder die Zinsen gesenkt werden. Angeblich will man ein "Kreditereignis" vermeiden, bei dem massenhaft Kreditausfallversicherungen wegen hoher Verluste von Banken fällig würden.

Am Freitagnachmittag traf Papandreou mit Juncker zusammen. Der griechische Regierungschef versprach weitere Privatisierungen, höhere Ausgabenkürzungen und neue Steuererhöhungen, die zusätzliche 6,4 Milliarden Euro einbringen sollen. Damit reagiert Papandreou auch auf den Kontrollbesuch der "Troika": Finanzexperten der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds hatten sich vier Wochen in Athen aufgehalten, um die griechischen Sparbemühungen zu kontrollieren.

EZB-Chef fordert härtere Sanktionen

Der Bericht soll nach aktuellem Stand zu der Erkenntnis gelangt sein, dass Griechenland zwar etliche Versprechen bisher nicht erfüllt hat. Die jüngsten Sparbemühungen werden aber positiv beurteilt. Bis zum nächsten Treffen der Euro-Finanzminister am 20. Juni sollen auch die letzten Details des neuen Rettungspakets stehen.

Schon am Donnerstag hatte der Chef der EZB, Jean-Claude Trichet, mit zwei Vorschlägen für Diskussionen gesorgt: Er forderte härtere Sanktionen für Pleitestaaten, bei denen die EU mit einem Veto direkt in die Haushalts- oder Wettbewerbspolitik eingreifen solle. Außerdem forderte Trichet ein europäisches Finanzministerium – in "ferner Zukunft". Die Bundesregierung lehnte die Idee ab. UH

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11 Kommentare

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  • HJ
    Hein Jo

    D. Bartsch von der Linkspartei hat gestern bei Phoenix in einer Diskussion einige sehr kluge Dinge dazu gesagt, z.B. dass gerade die Superreichen, auch in Griechenland, die gerade auch an den Spekulationen etc. verdient haben, stärker zur Kasse gebeten werden sollten. In Griechenland schafft es anscheinend leider die korrupte Steuerbehörde noch nicht einmal die normalen Steuern einzukassieren, wie viel weniger erst bei Multimillionären?! Die EU kann und/oder will gerade da aber wohl aus mehreren Gründen leider nur wenig helfen.

     

    Ansonsten hab ich neulich auch sehr gute Vorschläge zum Thema hier gelesen: http://www.utopia.de/blog/freedom-happiness-and-sensitivity-for-beauty-for-all-beings-in-solidarity-berniewa-s-utopia/was-griechenland-helfen-koennte Dort unter anderem auch ein Link zu einer griechischen Website eines Unidozenten in Athen.

  • HN
    HANS NIX

    Die EU wird sich bald loben können, den ersten Euro-Bürgerkrieg ausgelöst haben zu können/dürfen.

    Wenn es Mubarak, Ben Ali und Saleh schon getroffen hat, heißt der nächste wohl Papandreao?

    Ich möchte nicht in Athen leben ...

  • E
    EuroTanic

    Die ersten Milliarden haben Griechenland ja auch so toll geholfen. Darum sind sie jetzt schon wieder nach kurzer Zeit pleite. Und mit dieser Tranche werden die Griechen in noch schnellerer Zeit wieder pleite sein. Unsere Politiker sind schon tolle Typen, wenn etwas nicht funktioniert hat machen die es doch sofort NOCH EIN MAL? So ein Verhalten hätte ich bei schlecht erzogenen Dreijährigen vor einem Bonbon Regal im Supermarkt erwartet, aber nicht von verantwortungsvollen Menschen in der Poltik. Getreu dem Motte: "Aber ich will, ich will, ich will..."

  • ER
    Ewiak Ryszard

    Dies ist die Dämmerung der Europäischen Union. Die Bibel sagt: "Zur bestimmten Zeit [der König des Nordens = Russland] wird zurückkehren" (Daniel 11:29a). Es bedeutet auch, den Zerfall der Europäischen Union und der NATO. Viele Länder des ehemaligen Ostblocks wird wieder in den russischen Einflussbereich zurückfallen.

  • W
    wickabert

    Drei Verbrechen in einem:

    Erstens liegt Veruntreuung von überwiegend deutschen Steuergelder vor. Zweitens ist es verbrecherisch einem Land, welches bereits so viel Schulden hat, dass sie diese mit Sicherheit nie wieder zurückzahlen kann, noch weiteres Geld aufzudrängen. Drittens ist ein Sparprogramm per se ein Verbrechen, denn es ruiniert eine Volkswirtschaft mit tödlicher Sicherheit: Wenn man dem Volk die Kaufkraft nimmt, muss die Wirtschaft verwelken.

    Und viertens liegt auch noch Konkursverschleppung vor, denn eigentlich müsste der griechische Ministerpräsident den Konkurs seines Landes anmelden und einem verantwortlichen Konkursverwalter das Zepter überlassen. Nach dem Konkursverfahren wäre das Land schuldenfrei und könnte von vorn anfangen. Und fünftens hätten dann die Richtigen ihren Beitrag zur Lösung des Problems geleistet nämlich die Banken und milliardenschweren Spekulanten.

  • K
    Kai

    Die Deutschen müssen endlich auf die Straße gehen, wir zahlen nicht für die Krise Griechenland!!!

  • E
    Elena

    "Durch den Sparkurs rutscht das Land immer tiefer in die Rezession, die Steuereinnahmen brechen weg" - wow, das ist der mit Abstand dümmste Satz zur Rezession und den Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung, den ich je gehört habe! Kleiner Tipp: Man sollte seine Leser nicht für völlig bescheuert halten.

  • LW
    Lina Walti

    Es war ausgemacht, dass Griechenland mit einem rigiden Sparprogramm in eine schlimme Rezession fallen würde und seine Schulden noch weniger bedienen könnte.

     

    Entweder ist die EU-Führungsriege völlig inkompetent oder dies war tatsächlich beabsichtigt. Damit sich Private günstig die staatlichen Betriebe kaufen können. Aber auch dies wäre ein Irrweg. Das passierte ja unter Bush in den USA mit der Folge, dass die jetzt auf diesen 15 Billionen Schulden sitzen, mit einer miserablen Infrastruktur. Die einzigen Profiteure sind die Grosskonzerne.

  • N
    nektarius

    Die Rolle des IWF und deren ausbeuterische Geschichte

     

    Zitat von

    Joseph E. Stiglitz, Ökonom und Wirtschafts-Nobelpreis-Träger und ehemaliger Berater des IMF

     

    "When the IMF arrives in a country, they are interested in only one thing."

     

    Das hübsch gestrickte Image, als kompetenter Helfer für in Schieflage geratene Staaten tätig zu werden, wird bei genauem Hinsehen zu einer hässlichen Fratze mit schlimmen Details.

     

    http://www.fortunanetz.de/

  • RT
    reiner tiroch

    Den müll kennen wir schon dass ein pleiteland welches gerettet wurde, kein Geld braucht, erneut gerettet werden muß, dann vor einer Umschuldung steht, um mit etwas sparen und 12 Mrd gerettet zu werden? Was ändert sich am Schuldenberg der nie abbezahlt werden kann? Dann rühmen sich die blinden Finanzminister wieder ein land gerettet zu haben?

  • RT
    reiner tiroch

    Den müll kennen wir schon dass ein pleiteland welches gerettet wurde, kein Geld braucht, erneut gerettet werden muß, dann vor einer Umschuldung steht, um mit etwas sparen und 12 Mrd gerettet zu werden? Was ändert sich am Schuldenberg der nie abbezahlt werden kann? Dann rühmen sich die blinden Finanzminister wieder ein land gerettet zu haben?