Wirtschaftsexpertin Renate Ohr zum Hähnchenkrieg: "Ein Zeichen an die USA"
Letztlich profitieren die Verbraucher, wenn die USA und die EU näher zusammenrücken, meint die Göttinger Wirtschaftsprofessorin Renate Ohr.
taz: Die Europäische Union hat im Hähnchenstreit eingelenkt - wurde der Verbraucherschutz zugunsten des Handels mit den USA geopfert?
Renate Ohr: Es sieht schon so aus, dass man damit ein positives Zeichen in Richtung USA setzen wollte. In dem Fall war es relativ einfach: Der Handel mit Geflügel hat nur geringen Umfang. Ob überhaupt ein gesundheitliches Risiko von chlorbehandeltem Fleisch ausgeht, ist ja nicht nachgewiesen.
Ausschließen kann man es wohl nicht, sonst wäre es in der EU ja nicht verboten gewesen.
Bei solchen Fragen wägen Staaten nun mal zwischen Interessen der Wirtschaft und dem Verbraucherschutz ab. In dem Fall scheint es vertretbar gewesen zu sein. In anderen Fällen hat der Verbraucher Vorrang.
In welchen?
Die EU wehrt sich strikt gegen die Einfuhr von gentechnisch veränderten Produkten aus den USA - dafür nimmt sie sogar Strafzölle in Kauf. Auch bei Biokraftstoffen wird nun im Zuge der aktuellen Diskussion, ob Biokraftstoffe Nahrungsmittel verdrängen, überlegt, Importbeschränkungen einzuführen. Man darf aber nicht vergessen, dass der Verbraucher auch Vorteile davon hat, wenn die USA und die EU näher zusammenrücken.
Sie meinen, wenn der transatlantische Handel zwischen Europa und den Vereinigten Staaten weiter ausgeweitet wird?
Genau. Letztlich profitieren die Konsumenten, weil Produkte günstiger werden. Ökonomen sehen im Freihandel eindeutige Vorteile für beide Seiten, wobei in dem Fall von Freihandel noch keine Rede sein kann. Dafür müssten sämtliche Handelshemmnisse abgebaut sein. Das ist eher die langfristige Vision. Zurzeit geht es hauptsächlich darum, technische Standards anzupassen.
Es heißt, mit dem Bündnis will man konkurrenzfähig bleiben. Ist das nicht eher ein Bollwerk gegen den Rest der Welt?
Für andere Länder besteht die Gefahr, dass sich die beiden größten Wirtschaftsblöcke vom Rest der Welt abschotten. Denn durch den Abbau von Handelsschranken lenkt man Warenströme um. Letztlich wird dann mehr innerhalb des Bündnis gehandelt als vorher.
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