Wirbel um Manuel Neuers Vertrag: Ein maßloser Profi?
Manuel Neuer will beim FC Bayern bleiben, auch wenn mit Alexander Nübel ein Nachfolger bereitsteht. Nun kämpft der Nationaltorwart auch um sein Image.
Als Manuel Neuer am 6. Januar im Trainingslager der Münchner Bayern in Katar erstmals nach der bestätigten Verpflichtung von Schalkes Torwarttalent Alexander Nübel zur kommenden Saison über den künftigen Kollegen und seine Zukunft sprach, war er sehr selbstbewusst, kurz nach dem ersten Gespräch mit Sportdirektor Hasan Salihamidzic über seine angestrebte Vertragsverlängerung beim FC Bayern über 2021 hinaus.
„Ich bin kein Statist, sondern Protagonist“, sagte Neuer damals. Zur weiteren Zusammenarbeit sagte er: „Die Voraussetzungen dafür bestimme natürlich ich, die Gedanken habe ich im Kopf. Die werde ich auch nicht preisgeben. Aber einiges kann man sich auch denken.“ Indiskretionen, das musste man sich gar nicht dazudenken, gefielen Neuer schon damals nicht. Das galt allen voran für jene, dass aus der ersten Unterredung mit Salihamidzic Inhalte nach außen gedrungen waren. Wie vor allem Neuers klare Haltung, nicht freiwillig auf Spiele zugunsten von Nübel, 23, verzichten zu wollen. „Über Gespräche, die hinter verschlossenen Türen stattgefunden haben, sollte man nichts sagen. Von mir kommt nichts raus“, sagte Neuer damals.
Seine Irritationen nahmen zu, als erneut Gesprächsinhalte in Umlauf geraten waren. Vor allem, so sehen es Neuer und sein Berater Thomas Kroth, ist dabei ein Bild des Nationaltorwarts als maßloser Profi entstanden, das sie mit einem unüblichen Vorstoß im ohnehin seltsam öffentlichen Poker korrigieren möchten. Sie gehen vorsichtiger vor, besonders was die Vertragsdauer betrifft, denn sie wissen, dass ihre Konditionen anderswo kaum überboten werden dürften, zumal in der Coronakrise. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sagte bereits, dass man keinen Corona-Discount eingepreist habe.
„Einfach falsch“ sei das entstandene Bild seines Klienten, sagte Kroth nun, denn „schlichtweg falsch“ seien die überlieferten Zahlen. Der FC Bayern habe Neuer einen Kontrakt bis 2023 geboten und die Spielerseite einen Vertrag bis 2025 und gut 20 Millionen Euro Jahresgehalt gefordert, hieß es zuletzt. Neuer sagte dazu: „Mir ist doch völlig klar, dass es utopisch ist, den Verein auf einen Fünfjahresvertrag, wie er angeblich im Raum steht, festzunageln. Mit 34 Jahren kann ich ja nicht absehen, wie es mir mit 39 Jahren geht. Darum macht diese Endgültigkeit, die öffentlich suggeriert wurde, ja überhaupt keinen Sinn.“ Vielmehr schwebe ihm ein Vertrag vor, „bei dem der FC Bayern und ich eine Win-win-Situation haben“ und „alle glücklich sind“.
Neuer wünscht sich mehr Verschwiegenheit
Manuel Neuer über Indiskretionenbei Vertragsverhandlungen
Offenbar, so lässt sich das deuten, wünscht sich Neuer ein Papier bis 2024, bestenfalls plus Option. Was Neuer demnach nicht möchte: einen Vertrag bis 2023 und mit dann 37 Jahren noch zu fit und leistungsstark fürs Karriereende auf Topniveau zu sein – samt der Unsicherheit, ob die Bayern dann bereits voll auf Nübel setzen möchten. „Ich möchte so lange spielen, wie ich fit bin. Aber vor allem möchte ich Vertrauen spüren, das ist mir das Wichtigste“, sagte Neuer.
Das vermisst Neuer gerade ebenso wie Verschwiegenheit. Ihn irritiere, dass alle Gespräche seit seinem Wechsel 2011 vom FC Schalke nach München stets sehr vertrauensvoll geführt worden seien, „jetzt aber stehen ständig Details aus den aktuellen Gesprächen in den Medien, die oft nicht einmal stimmen“. Und klar sei, sagte Neuer: „Das ärgert mich. Das kenne ich so nicht beim FC Bayern.“ Offenbar würden jetzt Sachen „gezielt nach außen getragen“.
Zumindest für die erste Weitergabe kommen nicht viele infrage, da Kroth Ende März mit Salihamidzic und Vorstandsmitglied Oliver Kahn zusammengetroffen war. Dennoch muss das Leck nach außen nicht bei ihnen liegen, beide stimmen sich beispielsweise mit Rummenigge ab. „Keine Ahnung, über welche Kanäle das dann nach draußen dringt“, sagte Kroth, „es geht uns ja auch gar nicht darum, jetzt jemanden an die Wand zu stellen, sondern ums Grundsätzliche.“
Kurios mutet der öffentlich ausgetragene Disput auch deshalb an, weil sich beide Seiten grundsätzlich einig sind, miteinander verlängern zu wollen. Und auch, weil Kroth sagte, man sei „flexibel“ bei Laufzeit und Gehalt. Er und Neuer sehen nun den FC Bayern am Zug.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit