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„Wir sind kein Einwanderungsland“

Ein Seminar zum Ausländerrecht lehnt Bonner Gesetzespläne rigoros ab / Bayerns Innenminister Lang übte sich im Verwirrspiel / Das geltende schlechte Ausländerrecht wird zum Bollwerk gegen eine Verschlechterung  ■  Aus Tutzing Wolfgang Gast

„Wir sind kein Einwanderungsland“, wiederholte stereotyp Bayerns Innenminister August Lang. Seine Einführungsrede am Freitag im Rahmen eines Seminars an der evangelischen Akademie in Tutzing gedieh mehr und mehr zu einem deutschen Nationalbekenntnis - die TeilnehmerInnen des Seminars ließen den Minister deutliche Ablehnung spüren. Eingeladen hatte die evangelische Akademie Tutzing zum Thema „Das neue Ausländerrecht“, gekommen waren an die hundert MitarbeiterInnen aus den verschiedensten Bereichen der Ausländerarbeit, darunter Mitglieder des DGB -Bundesvorstands, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Liselotte Funke.

Zu Beginn der Tagung stand ein Verwirrspiel des Innenministers um den Entwurf eines neuen Ausländerrechts. Dieser datiert von Anfang Februar und wurde durch gezielte Indiskretion bekannt - die taz berichtete. Zunächst leugnete der bayerische Innenminister die Existenz eines solchen Papiers. Nur widerwillig ließ sich der Minister dazu bewegen, den Entwurf, den immerhin die Hälfte der TagungsteilnehmerInnen in Händen hielt, zu bestätigen.

15 Jahre nach dem Anwerbestopp bestehen für Lang immer noch große Integrationsprobleme. Beikommen will er dem einerseits mit noch restriktiveren Maßnahmen, mit denen der Zuzug weiterer Ausländer erschwert werden soll. Und andererseits sollen die Ausländer, die schon über zehn Jahre in der Bundesrepublik leben - über 70 Prozent -, ihre „Hinwendung zu Deutschland“ mit einem Antrag auf Einbürgerung dokumentieren.

Die Thesen des Innenministers, die sich weitestgehend mit den Bonner Plänen decken, stießen auf einhellige Ablehnung. Victor Pfaff, Rechtsanwalt und Mitglied der Rechtsberaterkonferenz des Diakonischen Werks, erblickte in dem Entwurf die Vorstellung, „die BRD als Hochsicherheitstrakt“ auszubauen, um den Ansturm der Ausländer abzuwehren. Der Gesetzesentwurf sei gezeichnet von einer „Überfremdungsangst“ - Erika Trentz, grüne Abgeordnete im Bundestag, nannte ihn „eine Perversion des Ausländerrechts, das wir schon haben“.

Alle sechs Arbeitsgruppen der Tagung, die sich mit der geistigen Orientierung des geplanten Ausländerrechts, mit Flüchtlingen, mit dem Aufenthaltsrecht und dem kommunalen Wahlrecht sowie den Ausweisungen und den familienrechtlichen Bestimmungen befaßten, riefen zum Sturm gegen die geplante Novellierung. So blieb als einziger Verfechter des Gesetzesentwurfes am Ende der Tagung der Vorsitzender der Arbeitsgruppe Inneres der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Johannes Gerster. Aber auch er beteuerte, wie schon in der Nacht zuvor beim Umtrunk bis in die frühen Morgenstunden, daß die Pläne „so mit mir nicht durchgehen“. Sein FDP -Koalitionskollege Hans Jürger Jaeger hatte sich schon vorher abgesetzt, und wenn seine Ausführungen die Position seiner Partei widerspiegeln, dann steht der Koalition einiger Krach ins Haus. Jaegers Kommentar: „Ich hatte das Gefühl, ich lese einen Gesetzentwurf zum Erhalt des deutschen Volkstums“. Andere TeilnehmerInnen sahen im Vorgehen des Bonner Innenministers eine geschickte Strategie. Immerhin werde in der Folge der Auseinandersetzung das bestehende Ausländergesetz, das von den verschiedenen Ausländerinitiativen bisher immer wieder angegriffen wurde, nun plötzlich zum Bollwerk gegen eine mögliche weitere Verschärfung.

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