: „Wir hatten nie vor, diese Sendung zu machen“
Vom „Krieg der Welten“ 1938 über das „Millionenspiel“ 1970 bis zu den „Space Cadets“ im vergangenen Jahr – Fälschungen haben eine lange Tradition
Mediale Inszenierungen, bei denen es nicht ganz mit rechten Dingen zugegangen ist: „Krieg der Welten“ (USA) gilt als die Mutter aller Fälschungen: Der Regisseur Orson Welles nutzte 1938 die hohe Glaubwürdigkeit des neuen Mediums, um seinen Landsleuten in einem Hörspiel den Bären vom Angriff aus dem All aufzubinden.
„Celebrity Big Brother“ (England) zog zuletzt einen Rattenschwanz an Vorwürfen und Protesten nach sich, vor allem wegen rassistischer Bemerkungen über die indische Teilnehmerin Shilpa Shetty. „Birth Night Live“ (England) zeigte dem britischen Zuschauer detailliert, wie genau es aussieht, wenn ein Baby per Kaiserschnitt zur Welt kommt. „RTL Explosiv – die Brust-OP“ (Deutschland) dokumentierte die unappetitlichen Einzelheiten einer Brustvergrößerung (inklusive Off-Kommentar). „There’s Something About Miriam“ (England), aber was nur? Nun, besagte Miriam hatte sich vom Mann zur Frau umoperieren lassen, was die in der Sendung um sie buhlenden Männer dazu veranlasste, sich erst ganz übel zu erschrecken und dann den Produzenten zu verklagen.
„Space Cadets“ (England) tat so, als bereite die Sendung ihre Kandidaten auf einen Besuch im Weltraum vor, fälschte die komplette Geschichte aber nach dem Vorbild des Kinofilms „Unternehmen Capricorn“ in einem Warenhaus in Suffolk. Als die Quoten runtergingen, wurde der Fake als solcher entlarvt. „Seriously, Dude, I’m Gay“ (USA) drehte sich um zwei heterosexuelle Kandidaten, die ihr persönliches Umfeld davon zu überzeugen hatten, dass sie eigentlich schwul seien – was in Deutschland schon Christian Ulmen mit „Mein neuer Freund“ durchexerziert hatte, in den USA aber nach Protesten von Schwulen- und Lesbenorganisationen schon vor Sendebeginn abgesetzt wurde. „Who’s Your Daddy?“ (USA) schaffte es da zumindest bis zur ersten Folge. In dieser Show sollte ein als Kind adoptierter Erwachsener gegen 100.000 Dollar in Cash unter 25 Männern seinen leiblichen Vater erkennen. Eine Nachrichtensendung in Belgien unterbrach 2006 ihr Programm, um die Teilung des Landes zu verkünden: „Flandern wird einseitig seine Unabhängigkeit erklären. Das bedeutet: Belgien als solches hört auf zu existieren“, der König sei in die alte Kolonie Kongo geflüchtet. Aufruhr, Tränen und die Entlassung des Senderchefs waren die Folge.
„Das Millionenspiel“ (Deutschland) suggerierte den Zuschauern schon 1970, hier seien die Kandidaten vor Auftragskillern auf der Flucht, wobei die Mitwirkung bekannter TV-Gesichter wie Dieter Thomas Heck (als Moderator) oder Heribert Faßbender (als Reporter) die Fälschung rasch als solche erkennbar machte. Schon 1995 hatte der Saarländische Rundfunk mit einer „Private Live Show“ angebliche Kandidaten über ihr verkorkstes Eheleben schwadronieren lassen. Mit Blick auf die private Konkurrenz hatte der Sender damit zeigen wollen, „wo brutales Zu-Ende-Denken von Shows hingeht“. Desgleichen ereignete sich 1990 in Italien, wo eine Sendung namens „Stimme des Gewissens“ zunächst als Denunziations-Show angekündigt war, der Moderator dann aber gleich zu Beginn offenbart: „Wir hatten nie vor, diese Sendung zu machen, wir wollten nur provozieren.“ Stattdessen gab’s eine Diskussion mit Intellektuellen zum Thema „Fernsehen und Wahrheit“. FRA, DPA