DOKUMENTATION: „Wir fordern konkrete Hilfe
■ Aufruf von Angehörigen von Colonia Dignidad-Mitgliedern an Außenminister Genscher
Sehr geehrter Herr Genscher, am 6. und 7.Februar haben wir uns im Kloster Walberberg getroffen. Als direkte Verwandte der in der Colonia Dignidad lebenden deutschen Staatsangehörigen müssen wir mit der Tatsache leben, daß die Menschenrechte in der Colonia Dignidad aufs Gröbste verletzt werden. Viele Anfragen von betroffenen Verwandten liegen Ihnen vor, ohne daß konkrete Hilfestellung von Ihnen erfolgt ist.
Wir sind der Meinung, daß diese Angelegenheit keinen Aufschub mehr duldet, da die Grenze des Erträglichen bei weitem überschritten ist. 25 Jahre sind genug! Wir erwarten von Ihnen:
1. daß den Ihnen seit 1966 vorliegenden Zeugenaussagen über menschenunwürdige Behandlung in der Colonia Dignidad entschieden nachgegangen wird;
2. daß Sie uns Ihre Erkenntnisse und die daraus folgenden Maßnahmen offenlegen;
3. daß Sie alles einsetzen, damit die Verantwortlichen der Colonia Dignidad in der Bundesrepublik Deutschland zur Rechenschaft gezogen werden;
4. daß Sie uns Gespräche unter vier Augen mit unseren Verwandten ermöglichen;
5. daß der sexuelle Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen unterbunden wird;
6. sicherzustellen, daß in der Colonia Dignidad keine Chilenen gefoltert oder mißhandelt werden;
7. daß in Zukunft keine Informationen mehr unter Verstoß der Dienstverschwiegenheitspflicht von Botschaftsangehörigen an die Colonia Dignidad weitergegeben werden;
8. Ihre Bereitschaft zu einer Unterredung mit uns. Ihr Angebot, einen Mitarbeiter nach Hamburg zu entsenden (Ihr Schreiben vom 25.1.88, 330-504.00 CHL) halten wir für völlig unzureichend.
In Erwartung einer baldigen Antwort verbleiben wir mit freundlichen Grüßen
(es folgen etwa 60 Unterschriften)
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