Wintersport-TV: Der gordische Skiknoten
Die Übertragung der alpinen und nordischen Weltcups ist in Gefahr. Der Skiverband hat einen Vertrag mit der TV-Rechteagentur Infront abgeschlossen, doch RTL interveniert.
BERLIN taz Laufen und Schießen im Schnee - das packt den Zuschauer. Kaum eine Sportart hat in den letzten Jahren so viele Fans gewonnen wie Biathlon. Teilweise verfolgen mehr als drei Millionen Menschen die Skiverfolgungsjagden im Fernsehen. Dieses Vergnügen - und auch der TV-Genuss anderer Wintersportarten - könnte den Zuschauern in diesem Winter möglicherweise versagt bleiben. Denn durch ein Fernsehrechte-Gerangel sind die Übertragungen der alpinen und nordischen Weltcups, die in Deutschland ausgerichtet werden, gefährdet.
"Im schlimmsten Fall bleibt der Bildschirm schwarz", erklärt Stefan Schwarzbach, Pressesprecher des Deutschen Skiverbands (DSV). Dabei sah es im Frühjahr schon so aus, als sei alles geklärt: Der DSV hatte mit der Sportrechteagentur Infront einen Vertrag über die TV-Rechte bis 2011 abgeschlossen. Nach Wunsch des Skiverbands sollte sich Infront mit ARD und ZDF über die Übertragung einigen. Doch plötzlich schießt RTL, der frühere Rechteinhaber, dazwischen und besteht auf ein "Matching Offer Right". Das heißt, der Kölner Privatsender möchte von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Infront-Vertrag einzusehen und gegebenenfalls zu überbieten. Somit hätte RTL das letzte Wort und könnte sich die Rechte doch noch sichern. Das "Matching Offer Right" hatten DSV und Infront nicht auf der Rechnung: "Zwischen dem DSV und RTL bestehen unterschiedliche juristische Auffassungen", erläutert Stefan Schwarzbach die komplizierte Situation. "Wir müssen diesen gordischen Knoten zerschlagen."
Momentan wird daher weiter verhandelt. Das bestätig auch Jörg Polzer, PR-Manager von der Agentur Infront. Über den Stand der Dinge und den Zeitpunkt einer möglichen Einigung möchte er sich aber nicht äußern. Abgesehen von einem Langlauf-Weltcup in der nächsten Woche beginnt die Wintersaison in fünf Wochen - spätestens dann sollte Klarheit bestehen. Jörg Polzer betont jedoch ausdrücklich, dass es keine ausstehenden Zahlungen von Infront an den DSV gebe.
Dieser Eindruck könnte entstehen, da der Skiverband alle Trainingsmaßnahmen der Kader unterhalb der Weltcup-Ebene in allen Disziplinen ausgesetzt hat. Das betrifft vor allem die Athleten im Nachwuchs- und Juniorenbereich. Schwarzbach gibt zu, dass es bitter für die jungen Sportler sei, sich kurz vor Saisonbeginn nicht optimal vorbereiten zu können. "Doch der DSV kann nicht mit Geld planen, das er noch nicht sicher hat", sagt er. Immerhin geht es um eventuell ausbleibende Fernsehgelder in zweistelliger Millionenhöhe. "Sobald die Fernsehsituation geklärt ist, wird das Training wieder umfassend aufgenommen."
Es wird wieder einmal deutlich, wie abhängig der Leistungssport von den Einkünften durch den Fernsehrechteverkauf ist. Und nicht nur das: Selbst eine Rufschädigung des deutschen Wintersports wird durch dieses Gezerre befürchtet. "Es wäre einer möglichen Olympia-Bewerbung Münchens abträglich, wenn der Wintersport im Fernsehen nicht stattfindet", sagt Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds. Es ergebe ein schiefes Bild, wenn der deutsche Wintersport, die Nummer eins der Welt, nicht auf dem Bildschirm erscheine. "Wir werden konzentriert weiterverhandeln, und ich hoffe sehr, dass es nicht zum Äußersten kommt", sagt Schwarzbach. "Die Weltcups, die in Deutschland ausgetragen werden, sind die Sahnestückchen im internationalen Wintersport." Wäre doch schade, wenn die süßen Fernsehschmankerl nicht mehr gereicht würden.
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