Winterspiele in Pyeongchang: Bald noch besser
Werden die Olympischen Spiele 2018 in Südkorea wie die in Sotschi? Nein, es wird natürlich noch toller, mit neueren Hallen und kürzeren Wegen.
SOTSCHI taz | Seit zwei Wochen schleichen sie schon durch die olympischen Anlagen von Sotschi. Die höflichen Männer in rot-weißen Anoraks schauen sich alles ganz genau an. Hinten auf ihren Jacken steht Pyeongchang. 200 Beobachter haben die südkoreanischen Ausrichter der Olympischen Winterspiele 2018 nach Sotschi geschickt, um zu sehen, wie das Megaevent in Russland organisiert war. Die zu Ende gegangenen Spiele haben nach Meinung vieler Sportfunktionäre Maßstäbe gesetzt. Nervös geworden sind die Koreaner deshalb gewiss nicht.
Alfons Hörmann, der DOSB-Präsident, schwärmt zum Beispiel von der Biathlonanlage. „Sportfachlich“ könne man das nicht besser machen. Viele Sportler aus dem US-Team schwärmen von den idealen Bedingungen für die Athleten, die nie Probleme hätten, zu den Sportstätten zu gelangen, denen es in den olympischen Dörfern an nichts fehle und die auf den Sportanlagen jederzeit genügend Trainingsmöglichkeiten vorgefunden haben.
Und sicher haben sich auch viele gefühlt. Hörmann erzählt von einem Kollegen aus dem französischen Skiverband, der sich gefreut habe, „dass es auch freundliche russischen Polizisten gibt“. So toll war es noch nie, sagen viele. 2018 soll es noch toller werden, sagen die Koreaner.
Deren Ansatz ist ähnlich wie der der Russen. Die Eiswettbewerbe finden in neuen Hallen statt, mit deren Bau in diesem Jahr begonnen werden soll, im Küstenort Gangneung, einer Hafenstadt mit über 200.000 Einwohnern, die Schneewettbewerbe in Pyeongchang, einem Landkreis in den Bergen, in dem ein Skiresort beheimatet ist, das ähnlich artifiziell ist wie jenes von Krasnaja Poljana. Das soll der Mountain Cluster sein, während in Gangneung der Coastal Cluster der Spiele entstehen soll.
Zwei Milliarden Dollar
Wird alles wie in Sotschi? Nein, es wird besser. Alle Sportanlagen sollen nur eine halbe Stunde vom Herzen der Spiele entfernt liegen. Das Herz der Spiele ist das Hotel, in dem die Führer der olympischen Familie logieren werden. Kim Jin Sun, der Präsident des Organisationskomitees der Spiele von Pyeongchang ,verspricht die kürzesten Wege in der Geschichte der Winterspiele.
„Vielen Dank für ihre gute Frage“, sagt der Mann, als er auf die Kosten angesprochen wird. Der Etat des Organisationskomitees betrage zwei Milliarden Dollar, sagt er. Dazu kommen Investitionen in die Infrastruktur, für die sieben Milliarden Dollar eingeplant sind. Eine neue Autobahn ins 130 Kilometer entfernte Seoul wird gebaut und eine Hochgeschwindigkeitszugstrecke, die die Olympiaorte mit der Hauptstadt in weniger als einer Stunde miteinander verbinden soll.
Kim weiß, dass sich zwei Milliarden Dollar unglaubwürdig anhören, aber er sagt, gerade in den Bergen seien die meisten Sportanlagen bereits fertig. Pyeongchang hatte sich zweimal vergeblich für die Winterspiele beworben. Mit jeder Bewerbung ist das Skigebiet gewachsen, und so müsse man – anders als in Sotschi – nicht ganz bei null anfangen.
Aber auch in Südkorea ist der Wintersport „unterentwickelt“, wie Kim meinte, bevor er angefangen hat, unverhohlen darüber zu sprechen, warum sich Pyeongchang beworben hat. Da ist wenig von der koreanischen Kultur die Rede, die man in die Welt tragen möchte, nur ein bisschen geht es darum, dass man die moderne Gesellschaft des Landes präsentieren will – nein, es geht ums Geldverdienen.
Große Marketingpartner
Die Wintersportindustrie werde davon profitieren. „Asien ist ein riesiger Markt und Pyeongchang voller Möglichkeiten“, so der OK-Chef. Es ist bei aller Höflichkeit eine kalte Präsentation, die die Südkoreaner zum Abschluss der Spiele in Sotschi abhalten.
„Vielen Dank für Ihre wichtige Frage.“ Kim hat gehört, dass es in Nordkorea auch ein „wachsendes Interesse am Wintersport“ gibt. Einen Eisring soll es geben und ein paar kleine Skigebiete. Kim hofft, dass Nordkorea eine Mannschaft zu den Spielen schicken wird, und ist doch froh, dass die Frage nach dem Nachbarn im Norden schnell beantwortet ist. Über Sport und Geschäft („Wir sind in Verhandlungen mit großen Marketingpartnern“) redet ein wahrer Olympier eben lieber als über Politik.
Die ist in Gangneung überaus präsent. Dort gibt es ein Museum, das das nordkoreanische U-Boot zeigt, das 1996 vor der Stadt havariert ist. Ziel der nordkoreanischen Expedition war das Absetzen und Wiederaufnehmen von Spionen. Bei Gefechten zwischen der U-Boot-Besatzung und koreanischen Armeeeinheiten kamen 28 Menschen ums Leben, 27 wurden verletzt. Und so ist es gewiss kein Wunder, dass auch in Pyeongchang das Thema Sicherheit ganz großgeschrieben wird.
Der Premierminister höchstselbst wird dem Sicherheitskomitee der Spiele vorsitzen. Doch allzu große Sorgen wollte Kim Jin Sun nicht aufkommen lassen. „Südkorea ist eines der sichersten Länder der Erde“, sagte er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe