Windows-Absturz vor Explosion: Blue Screen auf der Ölbohrstation
Bevor die BP-Bohrstation sank, soll es Rechnerprobleme gegeben haben. Laut Chefelektroniker der "Deepwater Horizon" stürzte kurz vor der Explosion ein Windows-PC ab.
Windows-Nutzer kennen das Problem: Schmiert ihre Maschine einmal so richtig ab, verschwindet die Fensteroberfläche und ein blauer Bildschirm mit einer kryptischen Fehlermeldung taucht auf. Dieser "Blue Screen of Doom" (BSOD) ist ein Zeichen für schwerwiegenden Software- oder gar Hardware-Ärger. Danach hilft nur ein Neustart der Maschine, was Zeit und Nerven kostet. Was am heimischen Rechner störend genug ist, wird im professionellen Betrieb zur echten Gefahr: Stürzen Steuercomputer von Industrieanlagen mit einem BSOD ab, kann dies üble Konsequenzen haben.
Im Rahmen der Untersuchung zur BP-Ölkatastrophe im Golf von Mexiko kam nun heraus, dass ein solcher Totalabsturz möglicherweise eine Rolle beim Untergang der Bohrstation "Deepwater Horizon" spielte. Wie Michael Williams, Chefelektroniker der Station Ende letzter Woche bei einem Hearing der US-Regierung aussagte, kam es bei einer der Maschinen, die das Bohrequipment kontrollierte, schon seit Monaten regelmäßig zu BSODs. "Die Maschine wurde einfach blau. Man bekam keine Daten mehr durch." Durch den Ausfall des Systems fehlte es dem Bohrtechniker dann an wichtigen Informationen. Über die Computer der "Deepwater Horizon" wurden unter anderem Feuer- und Gaswarnungen abgesetzt.
Williams ließ sich nicht dazu hinreißen, das Betriebssystem der Steuercomputer der Ölbohrstation zu nennen - da BSODs aber ein typisches Windows-Merkmal sind, geht die US-Computerpresse davon aus, dass es sich um ein XP- oder Vista-System gehandelt haben muss. Microsoft wollte den Vorfall nicht kommentieren.
Auf der Deepwater Horizon wurden zahlreiche sicherheitstechnische Fehler begangen, wie mittlerweile bekannt ist. So wurden Warnsysteme über Nacht auf "lautlos" geschaltet, um die Crew nicht in ihrem Schlaf zu stören. Die Ölbohrstation war am 20. April explodiert, dabei kamen 11 Menschen ums Leben. Seither versuchte man bei BP lange Zeit erfolglos, das Bohrloch zu stopfen. Chefelektroniker Williams hat eine Klage gegen den Deepwater Horizon-Betreiber Transocean auf erlittene Schäden eingereicht.
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