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Windige RechnungenDas neue Solidarprinzip

Während in der Offshore-Branche gerade zahlreiche Jobs gestrichen werden, ringt man in Bremen darum, wer genau den geplanten neuen Hafen bezahlen muss

Sie sollen künftig aus einem eigenen Terminal in Bremerhaven verschifft werden: Bauteile für Windräder auf See. Bild: dpa

BREMEN taz | Im offiziellen Bremen herrscht große Einigkeit, wenn es um den neue Offshore-Hafen geht, den der Senat in Bremerhaven bauen will. Doch hinter den Kulissen wird derzeit um die Details der Finanzierung gerungen – und die Folgen, die das Großprojekt für andere haben könnte.

Der Senat will 180 Millionen Euro in das Offshore-Terminal (OTB) investieren. Die Privatwirtschaft wollte es nicht finanzieren, ihr war das Risiko zu groß. Rot-grün verspricht sich davon mindestens 7.000 neue Arbeitsplätze. Erst einmal verlieren in Bremerhaven aber 2013 mehrere hundert LeiharbeiterInnen in der Windenergiebranche ihre Jobs – wegen fehlender Aufträge beim Rotorblatthersteller Powerblades. Das ruft die Linkspartei auf den Plan: „Die Explosion von Lohndumping, Leiharbeit und ’Hire and Fire‘-Kulturen in dieser Branche ist ein Problem, das politisch reguliert werden muss“, fordert Die Linke. Leiharbeit müsse zum „K.O.-Kriterium“ für Wirtschaftsförderung werden.

Der grüne Umweltsenator Joachim Lohse machte am Freitag dagegen einmal mehr die Bundesregierung für die Probleme in der Branche etwa bei der Netzanbindung haftbar. Sie hätten „den bedauerlichen Investitionsstau“ beim Ausbau der Offshore-Windenergie verursacht, so Lohse. Der aber sei für die Energiewende „entscheidend“.

So sehr, dass sich die SenatorInnen darauf verständigt haben, an anderem in Bremen deutlich zu sparen. 21,9 Millionen Euro sollen, über fünf Jahre verteilt, als „Solidarbeitrag“ aus dem Investitionetat in den Bau des OTB fließen. Das sind pro Jahr zwar nur etwa vier von rund 400 Millionen. Dennoch ging die ex-Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) wohl davon aus, dass am Ende rund eine Millionen Euro für Investitionen in Schulen fehlen werden. Das wollte sie nicht akzeptieren. Sie wurde überstimmt.

Kritik am rot-grünen Senat kam zuletzt auch vom SPD-Bundestagsabgeordneten Carsten Sieling. Er findet es „unverständlich“, dass der OTB schon in fünf Jahren abgezahlt sein soll. Und nicht erst in 30, so wie bei Eigenheimen. „Hier werden die Spielräume für andere wichtige Vorhaben künstlich eng gemacht“ so Sieling bei Radio Bremen – etwa im Bereich Bildung, Verkehr oder Wohnungsbau“. Sieling: „Ich bin mal gespannt, wie das realisiert werden soll“. Aus Sicht des SPD-Finanzpolitikers „erschwert“ gerade der grüne Koalitionspartner „eine vernünftige Zukunftsgestaltung“. Die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert hatte dagegen versichert, für Schulen und Kindergärten sei weiterhin Geld da.

Auch die Bremischen Gesellschaften sollen über erhöhte Gewinnabführungen insgesamt 50 Millionen für den OTB beitragen. Die Gewoba soll dabei verschont werden, sagte Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) kürzlich. Die Bremer Lagerhausgesellschaft (BLG) rechnet dagegen damit, dass sie zu einem großen Teil mit herangezogen wird. Ein solcher „Wunsch“ nach vermehrter Gewinnausschüttung sei „legitim“, sagt BLG-Sprecher Andreas Hoetzel. „Aber es schwächt das Eigenkapital und damit die Gesellschaft selbst.“

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