: Willkommen im Polizeistaat BRD -betr.: "Sehr viel Polizei für ganz wenig Chaos", taz vom 5.8.96
Betr.: „Sehr viel Polizei für ganz wenig Chaos“, taz vom 5.8.
Die Chaostage sind vorbei, Polizei und Bürger sind zufrieden: alles ruhig. Das Problem, das die Polizei durch ihr undifferenziertes und überzogenes Handeln im letzten Jahr erst geschaffen hat, hat sie durch ihre Methoden gelöst. Diese Methoden waren ja ausführlich zu studieren: Hannover eine besetzte Stadt, Menschen mit bunten Haaren oder Hosen bekamen quasi Hausarrest, und wenn sich doch noch jemand auf die Straße traut, um am Sielwalleck ein Bier zu trinken, wird er halt (wie auch mir geschehen) eingekesselt, festgenommen und gefesselt für ein paar Stunden weggesperrt, um danach irgendwo in vergessenen Winkeln Bremens wieder auf die Straße gesetzt zu werden.
Die Chaostage fanden nicht statt, und alle finden's gut. Das mal eben ein Satz Grundrechte außer Kraft gesetzt wird, daß Menschen mal wieder nach Aussehen und Weltanschauung selektiert werden, ist kein Ausrutscher, sondern eine neue Qualität. Der Wahnsinn hat Methode. Es ein weiterer Schritt in die schöne neue Welt. Willkommen im Polizeistaat BRD.
Michael Lorenzen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen