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William Totok über den Rücktritt des rumänischen PremiersEin Bauernopfer namens Ponta

Der rumänische Regierungschef, Victor Ponta, das sichtbare Oberhaupt eines durch und durch korrupten, zynischen Systems, musste seinen Hut nehmen. Es ist bestimmt nicht der letzte Akt in einem Drama, das die Bürger Rumäniens durchleben müssen.

Eine Brandkatastrophe in einem Klub, die am vergangenen Freitag den Tod von 32 Menschen zur Folge hatte, brachte das Fass zum Überlaufen. Zehntausende gingen spontan auf die Straße, um gegen die kriminellen Klubbetreiber zu demonstrieren, die aus Geldgier in ihrem Etablissement nur unzureichende Brandschutzmaßnahmen getroffen hatten. Und dies mithilfe korrupter Beamter, die den Betreibern die Betriebsgenehmigungen erteilten.

Die Katastrophe in dem Bukarester Klub ist die offenkundige Spitze eines auf alten Seilschaften beruhenden, neoliberal angestrichenen Systems, hinter dem sich ein postkommunistischer Raubtierkapitalismus der besonderen Art verbirgt.

In Victor Ponta, dem 43-jährigen, zurückgetretenen Premier, der sich mit den Farben der Sozialdemokratie schmückt, bündelte sich der erkennbare Zynismus einer neuen Klasse, deren einziges Ziel auf zügellose Bereicherung ausgerichtet ist. Der des Plagiats überführte Ponta, gegen den die Behörden wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche ermitteln, hat dem Druck der Straße nachgegeben. Eine wütende Menge forderte allerdings am Mittwoch nicht nur seinen Rücktritt, sondern auch den seiner ganzen Mannschaft und den jener unsichtbaren Krake, die für die Verelendung breiter Bevölkerungsschichten verantwortlich ist.

Victor Ponta ist lediglich ein Bauernopfer des Systems, das er verkörperte. Ohne tiefgreifende Reformen, die ein soziales Gleichgewicht in Rumänien herzustellen vermögen, bedeutet der Rücktritt des Ministerpräsidenten nicht mehr als eine billige Fassadenreparatur des postkommunistischen Kapitalismus.

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