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Willi Lemke war Doppelagent

■ Werder-Manager ließ sich für den Hamburger VS auf KGB-Kontakte ein

Der derzeitige Werder-Bremen-Manager und frühere SPD-Geschäftsführer Willi Lemke hat Anfang der 70er Jahre „Doppelagent“ gespielt und sich für den Verfassungsschutz auf Kontakte mit dem russischen Geheimdienst KGB eingelassen. Dies hat – ohne Namen und Details zu nennen – der frühere Hamburger Verfassungsschutz-Chef Horchem in seinem Buch „Auch Spione werden pensioniert“ mitgeteilt, Buten&Binnen hat jetzt die Namen dazu recherchiert. „Eine Riesensauerei“ findet Lemke die Indiskretion des Hamburger VS-Chefs, es habe sich um ein „Geheimnis“ gehandelt.

In Bremen muß dieses Geheimnis aber einigen SPD-Politikern bekannt gewesen sein. Insbesondere frühere SPD-Landesvorsitzende wie Scherf, Kunick oder Bürgermeister Koschnick und andere wußten davon. Denn der Hamburger VS-Chef, der eine große Agentenkarriere mit Lemke vorhatte, hatte sie informiert, als Lemke nach Bremen umzog und dort als Bildungsreferent eine Karriere bei der SPD begann. Der damalige Innensenator Fröhlich forderte das Hamburger Amt für Verfassungsschutz zur Verärgerung von Horchem sofort auf, den Agenten „abzuschalten“. Jahrelang vermied Willi Lemke danach, über die DDR-Grenze zu fahren. Vor seiner ersten – berufsbedingten – Reise ins sozialistische Deutschland erkundigte sich Lemke vorsichtshalber beim VS.

Nach Aussage von Lemke selbst war der russische Geheimdienst in Moskau an ihn herangetreten und habe Informationen über das Umfeld des damaligen AStA-Sportreferenten haben wollen. Dort saßen einige heute noch bekannte Namen: Etwa die AStA-Sekretärin Eva-Maria Lemke oder der AStA-Vorsitzende Dieter Mützelburg.

Warum der KGB gerade an Lemke herantrat, ist bisher unklar. Die östlichen Geheimdienste pflegten anrüchige Informationen zu sammmeln, um persönliche Notlagen einschätzen zu können und gegebenenfalls damit Erpressungsmaterial zu haben. Willi Lemke hat gegenüber Buten&Binnen erklärt, erhabe die gewünschten diskreditierenden Informationen aber nicht gegeben. Für seine Informationen habe er jeweils um die 300 Mark angenommen, offenbar bekam er auch Geld vom VS. Lemke: „Das war für mich eine Aufwandsentschädigung“, da er damit einige Jahre Stasi-Knast riskiert habe.

Der grüne Fraktionschef Dieter Mützelburg war auf Anfrage völlig überrascht von den Kontakten seines früheren Sport-Referenten, Bausenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte konnte dagegen bestätigen, daß sie eingeweiht gewesen sei in den Sinn der Rostock- und Ostberlin-Reisen ihres damaligen Ehemannes.

Erst als der Bremer Innensenator Mitte der 70er Jahre aus Hamburg informiert wurde, beendete Willi Lemke die Arbeit für den VS. In seinem Abschiedsbrief an den KGB-Kontaktmann begründete er das damit, diese Tätigkeit sei nicht mit den „Entspannungsbemühungen der Regierung“ und auch nicht mit seiner Position als Bildungssekretär der Bremer SPD zu vereinbaren. K.W.

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