Wilhemsburg: Neue Mitte für Hamburgs Süden
Baubeginn für erstes Gebäude im neuen Zentrum unterhalb der Elbe. Das Haus als Teil der Bauausstellung kann Familien und Firmen gleichermaßen beherbergen.
Am Dienstag ist mit dem Bau der neuen Wilhelmsburger Mitte begonnen worden. Das erste Haus wird am Eingang der Internationalen Gartenschau und Bauausstellung 2013 (IBA/IGS) gegenüber dem Gewerbeschulzentrum stehen und das Gartenschau-Büro aufnehmen. Es ist zugleich Teil einer Bauausstellung in der Bauausstellung, die zeigen soll, wie Architektur für das 21. Jahrhundert aussehen könnte.
Noch ist das Zentrum Wilhelmsburgs zwar nicht leer - aber öd. Im Auffahrtsnadelöhr der Wilhelmsburger Reichsstraße steht abgeschnitten das Rathaus aus dem Jahre 1903. Schräg gegenüber liegt das Bürgerhaus Wilhelmsburg, ein Versuch aus den 80er Jahren, dem Stadtteil ein Zentrum zu geben. Mit den beiden Ausstellungen nimmt die Stadt jetzt einen neuen, viel umfassenderen Anlauf. "Dieser Tag ist ein Versprechen", sagte Oberbaudirektor Jörn Walter.
Die Reichsstraße soll an die weiter östlich liegende Bahntrasse verlegt werden. Er hoffe, dass im Herbst das Planfeststellungsverfahren dafür beginnen könne, sagte Walter. Der Lärmschutz für die Bahn und die Schnellstraße solle in dem Planverfahren gemeinsam verhandelt werden, so dass die Anwohner auf beiden Seiten der Trasse geschützt würden. Wegen des zu erwartenden Lärms war die Verlegung im Stadtteil in die Kritik geraten.
Die Schnellstraße macht Platz für einen durchgehenden, großen Park, der für die Gartenschau - aber auf Dauer angelegt werden soll. Am Eingang des Parks lässt der Senat einen Neubau für die Stadtentwicklungsbehörde errichten. Dazu kommen Sportanlagen und die vier Baufelder der Bauausstellung in der Bauausstellung.
Diese bearbeitet vier Themenfelder: Wasserhäuser, billige Häuser, kluge Häuser und hybride, also multifunktionale Häuser. Bei der Hälfte der Projekte stehe die Stadt kurz vor dem Abschluss von Grundstücksverträgen, sagte Walter. Sämtliche Wasserhaus-Projekte, die in einem Kanalbecken stehen werden, seien vergeben.
"Für uns ist das wichtigste, dass die Stadtentwicklungsbehörde hierher kommt", sagte Stefan Wulff von der Bauunternehmung Otto Wulff, die das IGS-Gebäude errichtet. Mit dem geplanten Umzug von 1.400 Behörden-MitarbeiterInnen habe der Senat ein wesentliches Signal gesetzt.
Geplant vom Berliner Büro Nägeliarchitekten, gehört das IGS-Gebäude zur Kategorie der hybriden Häuser. Es zeigt, welche Probleme und Chancen sich gerade mit diesem futuristischen Teil der IBA verbinden. Das Gebäude soll auf einem begrünten warftähnlichen Erdgeschoss stehen, das es nahtlos mit dem Park verbindet. Das Erdgeschoss soll Ausstellungen aufnehmen und die oberen Stockwerke erschließen, die für Wohnungen wie für Büros geeignet sind. Hier macht allerdings das geltende Recht Probleme: Bei Büros lässt sich die Mehrwertsteuer absetzen, bei Wohnungen nicht, was letztere verteuert und Bauherren zwingt, sich für eins von beiden zu entscheiden. Mit ihren Experimenten wolle die IBA "eine Weiterentwicklung der Baukultur einleiten", sagt deren Chef Uli Hellweg.
Die Flexibilität kommt durch eine üppige Erschließung mit zwei Treppenhäusern und mehreren Versorgungssträngen, sowie die Gliederung in u-förmige Einheiten. Daraus kann zum Beispiel das gemacht werden, was Architekt Walter Nägeli "Voodoo-Wohnungen" nennt: Doppelappartments, in denen zwei arbeitende Singles die beiden Flügel bewohnen und sich, wenn ihnen danach ist, im Verbindungsstück des Us begegnen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert