: Wilder Westen Arbeitswelt
■ Tagung informiert über die Folgen der neuen Arbeitsverträge
Der Arbeitswelt droht die Gesetzlosigkeit. Auf einer Tagung des DGB-Kreisangestelltenausschusses und der Bremer Angestelltenkammer diskutierten gestern Wirtschaftwissenschaftler und zirka 100 Personal- und Betriebsräte die Gefahren der „Deregulierung“, die durch neue Vertragsstrukturen seitens der Arbeitgeber droht: Teilzeit, Honorarstellen, 470-Mark-Jobs, befristete Stellen und Flexibilisierung unterlaufen die gewerkschaftlich ausgehandelten Arbeitsbedingen.
Von den derzeit 348.000 beschäftigten BremerInnen arbeiten 57.000 in Teilzeit, das sind etwa 16 Prozent. Nach Klaus Jakubowski, Dozent der Angestelltenkammer, gesellen sich zu ihnen noch einmal 30.000 BremerInnen, die auf 470-Mark-Basis arbeiten. „Acht bis zehn Prozent aller ArbeitnehmerInnen“ so vermutet Jakubowski, „sind befristet beschäftigt“. Besorgniserregend hat sich das Instrument der Leiharbeit entwickelt, die in den letzten zwei Jahren um gut 30 Prozent zugenommen hat. Entgegen den 372.000 Bremer Arbeitsplätzen im Jahr 1970 gab es dagegen im Volkszählungsjahr 1988 nur noch 342.000, das sind 6,5 Prozent weniger.
„Durch die neuen Verträge werden die vormals sozialen Elemente dieser Marktwirtschaft immer mehr in den Hintergrund gedrängt“, formulierte Rudolf Hickel, Wirtschaftswissenschaftler an der Uni Bremen, die zentrale These der Tagungsreferate. Darunter würden in erster Linie die Frauen zu leiden haben, die bei den Teilzeitbeschäftigten 80 und bei den ungeschützten Arbeitsverträgen sogar 90 Prozent der Arbeitskräfte stellen. Durch Dumpinglöhne würden die Arbeitslosen gegen die Gewerkschaften ausgespielt.
„Die Tagung dient in erster Linie dem Informationsaustausch eines lange verschwiegenen Problems“, erläuterte Ulrike Buchner für den DGB-Kreisangestelltenausschuß das Anliegen der Veranstaltung. Schließlich wären von den neuen Verträgen hauptsächlich Nicht-Gewerkschafter betroffen. Deprimierend waren die Handlungsspielräume, die die TeilnehmerInnen für die Zukunft erwarten. „Man kann nicht davon ausgehen, daß sich morgen bereits etwas ändern wird“, erklärte Roderich Wahsner, Wirtschaftswissenschaftler der Uni Bremen, „aber wir müssen das Problem bewußt machen.“ ma
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