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Wikileaks in Bedrängnis"Spiegeln" gegen Attacken

Der Druck auf Wikileaks nimmt zu: Nachdem auch die französische Seite nicht mehr aufrufbar ist, ruft die Enthüllungsplattform zur digitalen Gegenwehr auf.

Wikileaks ist auf wikileaks.org nicht mehr zu erreichen. Bild: reuters

BERLIN taz | Nachdem die Wikileaks-Hauptseite bereits seit Tagen nicht mehr erreichbar ist, geht nun auch über ihren Server in Frankreich nichts mehr. Wer die URL wikileaks.fr eintippt, wird derzeit auf die Seite wikileaks.ch umgeleitet, die ebenfalls auf einen anderen Server umziehen musste, wie Denis Simonet von der Schweizer Piratenpartei der Nachrichtenagentur ap sagte. Die Partei habe laut ap die Kontrolle über die Domain.

Grund für den Ausfall des französischen Servers, so wird im Netz gemutmaßt, könnten wie auch bei der Abschaltung der bisherigen Hauptdomain wikileaks.org Cyberattacken gewesen sein. Offizielle Angaben gibt es hierzu noch nicht.

Wikileaks selbst sieht sich "schweren Attacken" ausgesetzt, wie auf einer noch funktionierenden IP-Adresse nachzulesen ist - und ruft nun zum "Massenspiegeln" der Inhalte auf: Die Enthüllungsplattform bittet die internationale Netzgemeinde darum, Kopien der Wikileaks-Seite auf anderen Webseiten im Netz zu veröffentlichen.

So soll es unmöglich werden, die veröffentlichten Informationen komplett aus dem Netz zu tilgen. Auf Twitter und anderen Netzkanälen kursieren am Sonntag zahlreiche URLs, unter denen Wikileaks weiter eingesehen werden kann.

Reporter ohne Grenzen verurteilten am Wochenende auf ihrer Homepage die "Blockaden, Cyberattacken und den politischen Druck" gegen Wikileaks, den die Veröffentlichungen der geheimen US-Diplomatenmitteilungen ausgelöst hatten. Das Vorgehen von Frankreich und den USA sei "schockierend".

Am Samstag hatte außerdem das Bezahlsystem PayPal das Wikileaks-Spendenkonto gesperrt. PayPal begründete dies mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, laut denen Unterstützung und Förderung Dritter zum illegalen Handeln nicht unterstützt würden.

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21 Kommentare

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  • G
    Günni

    @ martin

     

    Warum ist es seltsam, dass WL nur über Verfehlungen demokratischer offener Staaten berichtet und nicht über China und Konsorten?

    Weil´s jeder weiß und wir täglich mit Menschenrechtsverstößen durch andere Nationen konfrontiert werden - darum.

    Und, wir erleben derzeit wie offen und demokratisch unser großer mächtiger Freund von überm Teich vorgeht und wie vielfältig und kreativ seine Repressalien und demaskierend die Forderungen einzelner Politiker sein können. Dass Sie in Bezug auf die Vorkommnisse der letzten Tage bzw. Wochen überhaupt einen Unterschied im Verhalten der USA und China erkennen können wundert mich doch sehr. Gangsterstaaten, ja klar, Achse des Bösen, ja sicher - WL entlarvt die geheuchelte, moralisch korrekte Außendarstellung der Amis und ihrer politischen Freunde, zu denen wir ja auch gehören.

    Wer einen Nutzen aus der Geschichte zieht? Ich, Du, Er, Sie, Es, Wir, Ihr, Sie. Ich erhebe meine Kaffeetasse und nehme einen Schluck - auf den Kampf um die Freiheit - zu denken und zu sagen, zu schreiben und zu veröffentlichen, was auch immer wir als wichtig erachten (ach ja, die Nettiquette natürlich nicht vergessen) ;-)

  • GF
    Gerda Fürch

    Martin, es ist überhaupt nicht seltsam, daß Wikileaks Dokumente aus demokratisch offenen Staaten erhält, veröffentlicht und Medien zur Verfügung stellt. Aus den Diktaturen China, Iran, Lybien, Kuba, Saudi Arabien und anderen totalitären Staaten ist es eben äußerst schwierig bzw. unmöglich, Berichte und Dokumente hinauszuschleusen oder in das Internet zu stellen, eben weil sie keine demokratisch offenen Staaten sind.

     

    Aber ich kann mir gut vorstellen, daß das noch kommt. Also keine Sorge.

  • D
    Dr-Lucius

    @martin

    Wie naiv kann man eigentlich sein...

    Wenn Sippenhaft (s. Friedensnobelpreisträger), willkürliche Ausreiseverweigerung, Knast, Kopf ab etc. droht, dann überlegt man sich es halt mit der Weitergabe von Informationen. Wenn sich in diesen Ländern erstmal rumspricht, dass es sowas wie WL gibt, und natürlich auch die Infrastruktur vorhanden ist, dann...(z.B. ham die Dresdener während der DDR auch nicht gewusst, dass es Westfernsehen gibt..).

    Ausserdem gibt es ja durchaus auch Cables der Pekinger US-Botschaft...

    Und was die demokratischen offenen Staaten betrifft, was ist denn mit den Netzangriffen auf WL?

    Sind die demokratisch offen legitimiert?

  • M
    martin

    Seltsam das Wikileaks immer nur über verfehlungen aus demokratischen offenen Staaten berichtet, nie über China, Kuba und andere Gangsterstaaten... vieleicht sollte man mal die alte Frage stellen, wem nützt Wikileaks? Der Freiheit mit Sicherheit nicht....

  • BK
    Blöder Kritiker

    Die TAZ sollte lieber mal über die interessanten Inhalte der Depeschen berichten. Es gäbe genügend zu schreiben, über deutsche Waffenhändler, über die Anweisung von Clinton an die Botschafter Geheimdienstinformationen zu sammeln, krumme Deals aus aller Welt - aber an das heisse Eisen wagt man sich hier nicht ran... Ne, die Teflon Schlampe verkauft sich besser und ist bequem.

    Schade, dass kein grosser Verlag in diesem Land Eier hat... Wenn mal wieder ein irrer aus Braunau kommt warnt Ihr bestimmt nicht davor :-(

  • S
    Sakralpunker

    @ Kuendiger:

     

    Genau in diese Richtung dachte ich auch schon, Profile, Konten bei Servern bzw. Anbietern zu kündigen, die WL ihre Server sperren.

     

    Ich werde jetzt zunächst mein amazon-Konto, dann auch paypal + ebay kündigen. Diese Unterdrücker der Meinungsvielfalt bzw Meinungsfreihet im Netz sind auf uns als User angewiesen, wir aber nicht auf sie.

     

    Wir sollten uns als User der Macht bewußt sein, die wir diesen Firmen gegenüber haben.

  • V
    Volker

    zum Vergewaltigungsvorwurf und der falschen Übersetzung in den Mainstreammedien:

     

    Assange wird KEINE Vergewaltigung vorgeworfen! Das ist nur eine (bewusst???) falsche Übersetzung aus dem Schwedischen. Ihm wird vorgeworfen, eine Frau beim einvernehmlichen Sex über die Verwendung eines Kondoms getäuscht zu haben..

  • A
    Allendorf

    Aufruf die Inhalte zu spiegeln! ist das Ausdruck von Angst oder von Vorsicht? Egal wie, diese Angriffe von Regierungen auf WL oder in bälde auch auf die sich in Gründung befindlichen Kinder. Wir erleben hier den Anfang einer bereits angekündigten Offensive. In Zukunft wird vermutlich verstärkt mit technischen, rechtlichlichen oder geheimdienstlichen Mitteln gegen die Plattform(en) und ihre Mitarbeiter vorgehen. Die Gleichsetzung oder das unterstellte Zusammenwirken mit Terroriasten oder die unterstellte terrorartigen Auswirkungen werden weitere Verschärfungen der sogenannten Antiterrorgesetze zu folge haben, die bürgerliche Rechte weiter einschränken, sich von dem Rechtsgrundsatz einer generellen Unschuldsvermutung für Menschen verabschiedet wird. An den sogenannten Datenschutzgesetzen wird inzwischen intensiv gearbeitet. Wer WL-Plattformen zukünftig für Sinnvoll hält, wird sich nicht mehr nur hinter der Technik und anderen verstecken können, sondern sich jetzt politisch Positionieren müssen. Die Gegener haben sich inzwischen nicht nur Positioniert sondern sind schon längst aktiv!

  • X
    xVegAnarchistx

    Ein sich automatisch aktualisierende Liste mit allen Mirros findet sich auf www.savewikileaks.net

  • J
    JML

    Hallo TAZ-Internetfreaks!

    Ich bin erstaunt, mit welcher Ruhe ihr auf die Angriffe auf die Netzfreiheit reagiert. Sonst kann doch der Inhalt, den ihr schützen wollt, gar nicht blöd genug sein.

     

    Na, vielleicht müsst ihr ja auch erst eure Internetspiele noch zu Ende bringen...

  • D
    Daniel

    Großes Lob für eure umfassende Leaksberichterstattung!

  • Z
    zensurist

    ZENIERT die zensur

  • W
    Wahrheit

    Die Wahrheit laesst sich nicht blockieren.

  • K
    Kuendiger

    So, das wars dann endgueltig mit Paypal. Gerade gekuendigt, und dieses Feedback gegeben:

    ------------------------------------------------

    Paypal und Ebay sind Nutzniesser des Internet in seiner freien Form. Dadurch sind sie in der Verantwortung seinen progressiv liberalen Charakter nicht nur zu unterstuetzen, sondern proaktiv dafuer einzutreten. Die Behandlung verschiedener Internetcommutities (Wikileaks ist nur ein Beispiel) laesst allerdings darauf schliessen, dass Paypal/Ebay lediglich daran interessiert ist, sein Hochglanzimage vordergruendig zu wahren. Obschon durchaus in der Lage, zumindest passive Unterstuetzung zu leisten, hat sich dieses Unternehmen als nicht mehr erwiesen, als ein weiterer Parteisoldat ueberkommener politischer Struktur, der in vorauseilendem Gehorsam ganz pragmatisch Gewehr-bei-Fuss steht, mutlos, wenn es darum geht, die Idee, die es am Leben haelt, aktiv zu verteidigen. Zumindest einem Kunden ist dies nicht genug.

  • N
    Name

    Na, wo bleibt denn wikileaks.taz.de, habt ihr etwa kalte Füße?

  • S
    staatsfeind

    wenn China ähnliches veranstalten würde, was derzeit verschiende westliche Staaten nach der Wikileaks-Veröffentlichung tun, würden die (scheibar ehezeit gleichgeschalteten) Medien von "SKANDAL", von "fehlenden demokratischen Werten und Meinungsfreiheit", von "Solidarität mit den Regimegegnern", "in westlichen Demokratien wäre sowas nicht möglich" usw. schreiben.

     

    Wie unsere Politkiker immer schwafeln:

    "Wer nichts zuverbergen hat,...."

    Von Doppelmoral kann hier aber nicht die Rede sein, sonst wäre ja erkennbar unsere Kaiser sind nackt.

  • C
    Christian

    Also bei mir geht 213.251.145.96 noch (die französische Addresse)?!

  • BG
    Bernd Goldammer

    Wikileaks ist es erstmalig gelungen, die westliche Mediendemokratie einer Nagelprobe zu unterziehen. Ohne Wikileaks wären wir immer noch der Informations- und Hetz-Willkür der Medienbesitzer ausgeliefert. Bürgerentmündigung durch Einklang von Politik und Medien, geht nun nicht mehr. Übersehen wir nicht: Es sind Verbrechen und Kriegstreiber entlarvt worden. Wikileaks ist nur zum Überbringer schlechter Nachrichten über den Ist-Zustand von Pressefreiheit und Demokratie des Westens geworden. In China, Russland und anderswo wird man das Bröckeln der "Demokratie Maske" jetzt sehr aufmerksam beobachten.

  • AN
    ano nym

    Schweden geht, aber ohne DNS:

     

    46.59.1.2

  • R
    rugero

    Es ist gut, daß es Organisationen wie Wikileaks gibt und daß Sie die großen Schweinereien der Welt an die breite Öffentlichkeit bringen.

     

    Wobei mir Tratsch und Klatsch und Politikereinschätzungen (die allerdings treffend waren) nicht so wichtig sind wie politisch-strategische Enthüllungen.

     

    Aber nun "schlägt das Imperium" zurück. Es ist klar, daß die USA so etwas mit allen Mittel bekämpfen, nachdem sie vor der ganzen Welt bloßgestellt wurden. Man kann nur hoffen, daß die Betreiber von Wikileaks das vorgesehen haben und sich auf Abschaltungen und unfaire Anschuldigungen vorbereitet haben.

  • GM
    Gosig Mus

    Es ist ja wohl unerhört welche Häufung von Problemen hier unter massivem Druck von Regierungen entstehen, ohne dass es hierzu bisher ein rechtsstaatliches Verfahren gab. Immerhin, für etwas Hartnäckige ist Wikileaks trotz der Probleme und Adressänderungen eigentlich ununterbrochen erreichbar.