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Wikileaks-Gründer AssangeWarten auf die Sex-Details

Die neue Freiheit kann Wikileaks-Gründer Assange kaum genießen. Seine Anwälte sprechen von Ermittlungen in den USA und weiteren Informationen zu den Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden.

Was heißt schon frei, wenn man mit Fußfessel, Meldeauflagen und weiteren Ermittlungen belastet ist? Bild: dpa

LONDON/SYDNEY dpa/dapd/afp | Nach seiner Haftentlassung rechnet Wikileaks-Gründer Julian Assange am Freitag mit dem Bekanntwerden weiterer Details zur den ihm in Schweden vorgeworfenen Sexualvergehen. Seine Anwälte hätten ihn informiert, dass im Laufe des Tages ein "weiterer Schmieren-Versuch" im Zusammenhang mit den schwedischen Ermittlungen stattfinden solle, sagte Assange in der Nacht der britischen BBC.

Assange wies die Vorwürfe, er habe in Schweden eine Frau vergewaltigt und eine andere sexuell belästigt, erneut zurück. Es handele sich dabei um "eine sehr erfolgreiche und eine sehr falsche Schmutzkampagne". Die neuen Informationen zu den Sex-Vorwürfen würden "entweder von der schwedischen Staatsanwaltschaft oder einer anderen Organisation, die sich das Material gezielt besorgt habe", gestreut, sagte Assange der BBC, ohne jedoch weitere Einzelheiten zu nennen.

Zuvor hatte er bereits die Befürchtung geäußert, an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm eine Anklage wegen Spionage drohen könnte. Er sei von seinen US-Anwälten unterrichtet worden, dass es in einem geheimen Verfahren eine US-Klageschrift wegen Spionage gegen ihn geben könnte, sagte Assange. Die US-Regierung bestritt indes jede Verwicklung in die juristischen Vorgänge um den Internetaktivisten. "Es ist ein Rechtsverfahren in Großbritannien im Gange und wir verfolgen das offensichtlich, aber wir haben keinerlei Beteiligung daran", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley, in Washington.

Zugleich äußerte der 39-jährige Australier den Verdacht, dass hinter den Bemühungen der schwedischen Justiz um seine Auslieferung wegen Vergewaltigungsvorwürfen der Versuch stehe, "mich einer Gerichtsbarkeit zu unterwerfen, die es dann leichter macht, mich an die USA auszuliefern".

Wenigstens an einer Stelle lässt der Druck auf Assange nach. Nach Angaben der australischen Regierung hat Assange nicht gegen die Gesetze seines Heimatlandes verstoßen. Das erklärte am Freitag Ministerpräsidentin Julia Gillard. Die Polizei hatte im Auftrag der Regierung Ermittlungen aufgenommen, ob die Veröffentlichung von geheimen US-Dokumenten einen Verstoß gegen australisches Recht darstellt.

Der Wikileaks-Gründer war am Donnerstag gegen Kaution und unter strengen Auflagen aus der Haft entlassen worden. Das höchste britische Zivilgericht hatte zuvor eine Berufung Schwedens gegen eine entsprechende Entscheidung aus erster Instanz verworfen. Der Australier saß aufgrund eines schwedischen Haftbefehls wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs zweier Frauen seit mehr als einer Woche in Untersuchungshaft.

Assange hielt sich in der Nacht auf dem Landgut eines Freundes im Südosten Englands auf, wo er auf Anordnung des Gerichts und nach Hinterlegung einer Barkaution von 200.000 Pfund (rund 235.000 Euro) bis zu einer Entscheidung über eine Auslieferung an Schweden im Januar unter Hausarrest steht. Wikileaks hatte in den vergangenen Monaten tausende brisante Dokumente über die Kriege im Irak und Afghanistan sowie diplomatische Depeschen öffentlich gemacht. Die Veröffentlichungen hatten vor allem die USA in Erklärungsnot gebracht.

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10 Kommentare

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  • R
    rigoletta

    es ist wirklich alles nur undurchsichtig. ich meinte schon etwas von sexueller Belästigung und Nötigung und keiner Vergewaltigugn gelesen zu haben. Dann hieß es eine ganze Zeit es sind Prostituierte gewesen,dann kam die Stellungnahme, es habe sich dabei um von der "Gegenseite" bestellte Frauen gehandelt, dann hieß es jetzt aber es seien Kolleginnen aus der Firma selbst gewesen, was die Dinge natürlich in ein ganz anderes Licht stellen würde. Aber was fehlt sind wirklich schlüssige und identische Aussagen. Man hört darüber alles und nichts.

  • S
    SpaceOddity

    @kritiker

    "Der Fall Assange zeigt auf erschreckende Weise, dass man als Mann jederzeit von Frauen durch noch so dubiose Vergewaltigungsvorwürfe vernichtet werden kann. "

     

    "jederzeit" kann Mann (sie meinen wohl sich selbst)also von Frauen "vernichtet werden". warum glauben sie denn, dass frauen sie vernichten wollen? passiert das denn tatsächlich so häufig? also ich kenne keine, die je eine vergewaltigungsklage gegen einen ex-lover geführt hat. dafür kenne ich aber männer, die frauen sexuell gern ausbeuten, wenn sie steigbügelhalter für deren karriere spielen. und wenn frau diese männer wegen desinteresse stehen lässt, werden die auch schon mal gern rabiat, kegeln sie mir nix dir nix aus dem job raus, betreiben rufschädigung, zahlen keine honorare aus ... DAS ist alltäglich und keine besonderheit.

     

    "Für Männer gilt: Wir alle sind Assange. Jedem von uns könnte das Gleiche passieren. "

     

    sind sie ein "alpha-tier"? ein feind oder repräsentant der staatsmacht etwa? ist bspw. seehofer "das gleiche passiert"?

     

    was sie machen ist: rationalisieren, projezieren, verschieben. möchte nicht wissen, wieviele frauen sie damit schon mindestens enttäuscht haben.

     

    sie und alle anderen männer sind also assange...

     

    !Erde An Raumschiff! bitte mal langsam wieder zur landung bereit machen!

  • N
    not_sophisticated

    @kritiker

    was ist denn mit dir los? sorry, aber was du da schreibst grenzt an paranoia. schon mal was von "vertrauen" gehört? hast du keine antenne dafür, was eine frau von dir will? alles schlampen außer mutti, oder wie? mal abgesehen davon, dass du mit deiner liebeshaltung quasi schon mit einem bein in der kiste stehst - deine einstellung gegenüber frauen ist jawohl echt unverfroren.

     

    für mich gilt in hinblick auf assange und jeden anderen angeklagten: in dubio pro reo. deswegen geht mir diese form der berichterstattung am allerwertesten vorbei.

  • R
    RedHead

    @BerlinerIn: Prinzipiel hast du natürlich recht. Andererseits ist auch das schwedische Verständnis von einer Vergewaltigung ein Schlag ins Gesicht von Vergewaltigungsopfern (damit meine ich Menschen, die durch Gewalt oder Gewaltandrohung zum Sex gezwungen wurden). Durch so einen Blödsinn wie in Schweden werden tatsächliche Vergewaltigungen bagatellisiert. Insofern schreibt die Taz hier ganz korrekt "Sex-Details".

  • M
    Mike

    @ BerlinerIn:

     

    Es geht an dieser Stelle gerade nicht um das, was im deutschsprachigen Raum rechtlich, aber wohl auch umgangssprachlich unter Vergewaltigung verstanden wird.

     

    Ich empfehle dringend die Lektüre der drei folgenden Quellen:

     

    * "'Sex by Surprise' at Heart of Assange Criminal Probe"

    http://www.aolnews.com/2010/12/02/sex-by-surprise-at-heart-of-assange-criminal-probe/

     

    * "The Wikileaks sex files: How two one-night stands sparked a worldwide hunt for Julian Assange"

    http://www.dailymail.co.uk/news/article-1336291/Wikileaks-Julian-Assanges-2-night-stands-spark-worldwide-hunt.html?ito=feeds-newsxml

     

    * Naomi Wolf "Julian Assange Captured by World's Dating Police"

    http://www.huffingtonpost.com/naomi-wolf/interpol-the-worlds-datin_b_793033.html

     

    Indifferentes und vor allem von Tatsachen gänzlich unbelastetes Herumschwadronieren schade in diesem Fall nicht nur Assange, sondern verhöhnt tatsächliche Vergewaltigungsopfer.

  • K
    Kritiker

    Der Fall Assange zeigt auf erschreckende Weise, dass man als Mann jederzeit von Frauen durch noch so dubiose Vergewaltigungsvorwürfe vernichtet werden kann. (Gleiches gilt auch für den Fall Kachelmann.)

     

    Die Unschuldsvermutung wird hier schlicht außer Kraft gesetzt. Als Mann gilt man per se als verdächtig und quasi schon schuldig. Oder warum wird Assanger nun wie ein Krimineller behandelt, der sich nur noch mit elekronischen Fußfesseln umherbewegen darf? Assange muss nun seine Unschuld beweisen - der Rechtsstaat steht Kopf.

     

    Mir ist kein Fall bekannt, wo eine Frau von Gerichten so behandelt wurde.

     

    Was wäre wohl passiert, wenn Assange die Schwedinnen angezeigt hätte mit der Behauptung, sie hätten ihn "sexuell genötigt"? Würden die jetzt auch mit elektronischen Fußfesseln rumlaufen? Wohl kaum!

     

    Für Männer gilt: Wir alle sind Assange. Jedem von uns könnte das Gleiche passieren.

  • O
    Online-Apell

    Die massiven Einschüchterungen von Konzernen wie Visa, Mastercard, Paypal und Amazon gegen Wikileaks sind ein frontaler Angriff auf die Pressefreiheit. Unterzeichnen Sie den Appell an die Unternehmen, ihre Einschüchterungskampagne zu stoppen!

     

    Der Appell geht direkt an die Unternehmen und wird nächsten Dienstag als Anzeige in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht.

     

    Unterzeichner/innen bisher: 35065

    http://www.campact.de/leaks/sn1/signer

  • C
    Chris

    Langsam könnte auch die TAZ bemerkt haben, dass der Einspruch gegen die Freilassung auf Kaution von den britischen Behörden kam.

  • B
    BerlinerIn

    Sex-Details? Sex-Vorwürfe?

    GEHTS NOCH?

    So schreibt die BILD, liebe taz, ihr solltet das besser können!

    Außerdem geht es um VERGEWALTIGUNGS-VORWÜRFE! Sowas mit Sex gleichzusetzen ist eine Schlag ins Gesicht bei allen Menschen, die vergewaltigt wurden.

  • BM
    Bradley Manning

    Bradley Manning wird heute 23, sitzt seit 7 Monaten in Einzelhaft und kommt frei, wenn er Julian ans Messer liefert. Finde ich schade, dass dieser couragierte Kerl von euch einfach vergessen wird.